Ukraine Aktuell Nr. 659 (14.12.23/22Uhr)

  • Europäische Union für Ukraine Beitritt
  • 4 Stunden Medien-Show des Kremls
  • Putin gibt – ungewollt – Riesenverluste zu
  • Die Trümmerstadt Marjinka

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BEITRITT ZUR EU GESTARTET

Charles Michel, Präsident des EU-Rates, informierte den ukrainischen Präsidenten Volodymyr Zelenskyj über die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen und schrieb auf Twitter: «Der Europäische Rat hat beschlossen, Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine und Moldawien aufzunehmen. Georgien wurde der Kandidatenstatus zuerkannt. Und die EU wird Verhandlungen mit Bosnien und Herzegowina aufnehmen, sobald das erforderliche Mass an Übereinstimmung mit den Beitrittskriterien erreicht ist.» https://twitter.com/CharlesMichel/status/1735350188883968000

Auf Twitter schrieb Zelenskyj: «Ein Sieg für die Ukraine. Ein Sieg für ganz Europa. Ein Sieg, der motiviert, inspiriert und stärkt. Geschichte wird von denen gemacht, die nicht müde werden, für die Freiheit zu kämpfen.» https://twitter.com/ZelenskyyUa/status/1735355805283606832 Ausserdem bedankte er sich bei Charles Michel und sprach mit Maya Sandu, der Präsidentin Moldawien; Salome Zurabischwili der Präsidentin Georgiens und mit Emmanuel Macron, dem Präsidenten Frankreichs. https://t.me/V_Zelenskiy_official/8937

Der ungarische Staatschef Victor Orban, der bei reaktionären Kräften in Deutschland und der Schweiz Rückhalt geniesst, reagierte sauer auf die Entscheidung und veröffentlichte auf Facebook ein Video, welches er so einleitete: «Die EU-Mitgliedschaft in der Ukraine ist eine schlechte Entscheidung. Ungarn will an dieser schlechten Entscheidung nicht teilnehmen!» Im Video sagt er unter anderem, er habe nicht abgestimmt, weil er sich nicht an einer seiner Meinung nach «völlig sinnlosen, irrationalen und falschen Entscheidung» beteiligen wollte. https://www.facebook.com/orbanviktor/videos/947273846389186/

LIVE TV-AUFTRITT PUTINS

Die sogenannte Jahres-Medienkonferenz von Putin wurde unter dem Titel «Direkter Draht» am russischen TV übertragen. Sie fand zum ersten Mal wieder seit zwei Jahren statt. Als Studio wurde die Kongresshalle Gostiny Dwor in der Nähe des Kreml gewählt. Putin wurde während vier Stunden von zwei Angestellten des staatlichen TVs befragt und es gab «Fragen des Publikums». In den Probeläufen zum Auftritt wurden verschiedene, nach Angaben der Organisatoren, «echte Fragen aus dem Publikum» auf Grossbildschirmen gezeigt. Darunter hatte es einige, welche nicht dem Kreml-Narrativ entsprechen. «Warum kostet eine Schachtel Eier in Dagestan 550 Rubel?»; «Herr Präsident, wann wird sich die Realität in Russland nicht von dem unterscheiden, was im Fernsehen erzählt wird?», «Warum ist Ihre Realität anders als unsere Realität?». https://twitter.com/NOELreports/status/1735239315477655932

Nach dem bisherigen Kenntnissstand wurden diese Fragen während der Putin-Show nicht eingespielt, mit einer Ausnahme. Die Frage nach den Eiern war zu hören, aber der reklamierte Preis dafür wurde mit 200 Rubel angegeben, wie der TV-Sender «France2» berichtete.

WIEDER ALTE KRIEGS-PROPAGANDA

Das amerikanische «Institut for the study of war» stellte gestern fest, dass der Kreml propagandistisch wieder auf die alte Linie eingeschwenkt ist, die er vor dem Überfall auf die Ukraine propagierte. Es ist die Behauptung, dass die Ukraine schon immer ein Teil Russlands gewesen sei. Das ISW schreibt: «Die Wiederkehr der Vorstellung des Kremls von einer «geteilten Ukraine» ist wahrscheinlich ein organisierter Versuch, die internationale Gemeinschaft dazu zu verleiten, Schlüsselkomponenten der Souveränität der Ukraine abzulehnen: ihre territoriale Integrität, wie sie 1991 definiert wurde, und ihr Recht auf Selbstbestimmung.» https://twitter.com/TheStudyofWar/status/1735137638804279499

An seiner ersten Pressekonferenz seit der Invasion der Ukraine sagte Putin heute genau das: «Russen und Ukrainer sind ein Volk. Und was jetzt geschieht, ist eine grosse Tragödie, vergleichbar mit einem Bürgerkrieg zwischen Brüdern. Aber sie sind nicht schuld. Die gesamte Südostukraine war schon immer pro-russisch, weil es sich um historisch russische Gebiete handelt…» https://news.obozrevatel.com/ukr/russia/putin-znovu-nazvav-ukraintsiv-i-rosiyan-odnim-narodom-a-odesu-rosijskim-mistom-i-zgadav-yanukovicha.htm

Die konkreten Kriegsziele des Kremls nannte auch der Abgeordnete des russischen «Parlaments» Vitaly Milonow. Er deklarierte, welche Regionen der Ukraine nicht mehr zur Ukraine gehören sollen: «Für mich sind die Veränderungen offensichtlich – es ist die Aufnahme einer Reihe neuer Regionen in die Russische Föderation: Kiew, Odessa, Saporischschja, Dnipropetrowsk und Kharkiv», sagte Milonow. https://twitter.com/Gerashchenko_en/status/1734979755332522393

PUTIN GIBT VERLUSTE ZU

In einem der wirren Teile seines Auftritts machte Putin die folgenden Angaben, welche @IanMatveev unter dem Titel «Faszinierende militärische Rechenkünste von Putin» so zusammenfasst: «Nach seinen eigenen Worten: 244’000 mobilisiert plus 486’000 Freiwillige und davon bleiben aktuell 617’000 an der Front. Das sind immerhin 113’000 Tote. Dazu kommen noch die Invasionsgruppe und diejenigen, die vor der Mobilisierung rekrutiert wurden. Und das sind etwa 250 ‘000. Mit anderen Worten: Putin hat buchstäblich unwiederbringliche Verluste in der Grössenordnung von 360’000 Menschen anerkannt.» https://twitter.com/ian_matveev/status/1735250587694903766

VERLUSTE AM DNJEPR

Wie bereits gemeldet, erlitt die russische Armee massive Verluste beim Versuch, die ukrainischen Stellungen am Dnjepr zurückzuerobern. https://aldrovandi.net/2023/11/21/ukraine-aktuell-nr-636-21-11-23-21uhr/

Heute liefert der britische Geheimdienst Zusatzinformationen zu einem Teil der verlustreichen Kämpfe: Anfang Dezember 2023 erlitt die neu gebildete 104. Luftlandedivision der WDV (Russische Luftlandetruppen) höchstwahrscheinlich aussergewöhnlich schwere Verluste und verfehlte bei ihrem Kampfdebüt ihr Ziel den ukrainischen Brückenkopf in der Nähe des Dorfes Krynky am Ostufer des Dnjeprs zu beseitigen. «Die Luftlandedivision wurde nur schlecht durch Luftstreitkräfte und Artillerie unterstützt, während viele der Truppen höchstwahrscheinlich unerfahren waren». Nach dem Vorfall forderten russische «Milblogger» den Kommandeur der Streitkräftegruppe Dnipro, Generaloberst Michail Teplinski, zum Rücktritt auf. «Dies ist ein Schlag für Teplinskijs Ruf als einer der fähigsten russischen Feldkommandeure des Krieges, der aktuell auch kommandierender General der Luftlandetruppen (WDV) ist». https://twitter.com/DefenceHQ/status/1735224074391998689

UKRAINE SCHÜTZT NORDGRENZE

«Die ukrainischen Streitkräfte bauen zusätzliche Verteidigungsanlagen an der Nordgrenze», sagte der Kommandeur der Vereinigten Streitkräfte der Ukraine, General Serhij Najew. In einem dazu veröffentlichten Video https://twitter.com/i/status/1735211501089091987 ist zu sehen, wie sogenannte «Drachenzähne», also Panzersperren aus Beton in mehreren Reihen gesetzt werden. Im weiteren werde befestigte Schützengräben ausgehoben und hohe Stahlgitter gesetzt.

SABOTAGE IN WORONESCH

Am 12. Dezember 2023 ereignete sich im Rosneft-Öldepot in der Stadt Woronesch eine Explosion. Unbekannte Gegner des Putin-Regimes sprengten einen Treibstofftank, woraufhin in der Anlage ein Feuer ausbrach. Der Brand wurde von den örtlichen Behörden gemeldet. Er wurde jedoch als Teil einer «Ausbildung von Einheiten des Ministeriums für Notsituationen» bezeichnet. https://t.me/operativnoZSU/127318

DIE TRÜMMERSTADT MARJINKA

Die russische Seite meldet die Eroberung von Marjinka im Osten der Ukraine. Die ukrainischem Verteidiger sagen, dass sie noch einige Stellungen halten. https://aldrovandi.net/2023/12/05/ukraine-aktuell-nr-650-5-12-23-23uhr/ und der ukrainische Generalstab meldet heute die erfolgreiche Abwehr von russischen Angriffen. https://www.facebook.com/GeneralStaff.ua

Der ukrainische Journalist Illia Ponomarenko macht in seinem Twitterbeitrag deutlich, was Marjinka heute ist und veröffentlicht dazu passende Luftaufnahmen: «Überreste der Stadt Marjinka, die fast 10 Jahre lang das Schlachtfeld des russischen Krieges war und jetzt zu 92% von Russland besetzt ist. 0 Einwohner: 0. In absehbarer Zeit, d.h. in den nächsten Jahrzehnten, wird es hier keine menschliche Siedlung mehr geben. Nichts als verbranntes Ödland aus Staub und heulendem Wind.» https://twitter.com/IAPonomarenko/status/1735065252675440708

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