Ukraine Aktuell Nr. 687 (11.1.24/23Uhr)

  • Erfolglose russische Offensiven
  • Es gibt nicht mehr viele Panzer
  • Zwei effiziente Partisaninnen
  • Putin ist «Eure Majestät»

3 VON 4 OFFENSIVEN GESCHEITERT

Am 9. Januar berichtete Julian Röpke, Ukraineberichterstatter von BILD, dass die russische Offensive gescheitert sei. https://twitter.com/JulianRoepcke/status/1744822223221723522

Ein Analyst, der in Frontnähe engagiert ist, heisst Radu Hossu mit rumänisch-ukrainischen Wurzeln. https://twitter.com/RaduHossu/status/1744928710396965181

Als Quellen nennt er seine direkten Erfahrungen, Berichte von Beteiligten und die Karten von Deep State https://twitter.com/Deepstate_UA. Er kommt zu detaillierten Erkenntnissen, welche die allgemeinen Aussagen von Julian Röpcke stützen.

Die Kernpunkte:

  • Die Russen kündigten im Oktober 2023 eine Offensive auf der Ost-Achse an, an der 100’000 Mann und 1’000 Panzer und gepanzerte Fahrzeuge teilnehmen würden.
  • Auf der Achse «KUPIANSK – SVATOVE – KREMINNA» kamen sie in den letzten drei Monaten rund 6 Kilometer voran, aber dieses Terrain wurde von den Ukrainern weitgehend zurückerobert. Die auf der Basis von Videos mit GPS-Daten geschätzten Verluste belaufen sich auf über 400 gepanzerte Fahrzeuge und 30’000 Personen (getötet oder anderweitig kampfunfähig). 30’000 Menschen entspricht dem Fünfachen der Verluste in 9 Jahren Afghanistan-Krieg.
  • Am 6. Oktober begann die Offensive gegen AVDIIVKA, ein Vorort der unter russischer Besatzung leidenden Stadt Donezk. Bei den Kämpfen verlor Russlands Armee über 300 gepanzerte Fahrzeuge und 20’000 Soldaten. An einigen Tagen gingen bis zu 500 Russen verloren. Das Verhältnis der Verluste zwischen Russen und Ukrainern beträgt an diesem Frontabschnitt 7:1. Das heisst auf 7 tote Russen ist ein ukrainisches Opfer zu beklagen.

Avdiivka ist – im Gegensatz zu eroberten und zerstörten Stadt Bakhmut – strategisch wichtig, denn von hier aus könnten die Russen in Richtung Pavlograd oder Sloviansk-Kramatorsk vorrücken. Noch mehr als die militärische Bedeutung ist, so schreibt Radu Hossu, ein Erfolg für Putin persönlich wichtig, der diesen Sieg gerne zu seinen Wahlen im März 2024 präsentieren möchte.

  • Die Offensive gegen BAKHMUT ist von den drei Bewegungen die erfolgreichste der letzten vier Monate. Putins Truppen konnten im Süden leicht vorrücken und im Norden die Stadt Kromove erobern. Als nächstes Ziel gilt hier Chasiv Yar. Aktuell haben die Russen noch Reserven, um dieses Ziel anzusteuern.
  • Die KRYNKY-Offensive ist weitgehend gescheitert. Die 36. Und 38. Marine Brigade der Ukraine hat bei Krynky den Dnjepr überschritte und am Ostufer des Flusses einen Brückenkopf gebildet. Es sind lediglich 300 Ukrainer dort, aber die Spezialeinheiten leisten erfolgreich Widerstand gegen die 7 bis 12 russischen Brigaden, die bisher dort angegriffen haben. Der «Brückenkopf der 300» wird unterdessen von ukrainischer Artillerie auf der anderen Flussseite und der Luftwaffe unterstützt. Obwohl die ukrainischen Marines keine gepanzerten Fahrzeuge auf ihrer Seite haben, gelang es ihnen bisher mindestens 100 gepanzerte Fahrzeuge der Russen zu eliminieren.

NICHT MEHR VIELE PANZER

Die ukrainische Militärzeitschrift «Militarny» hat verfügbare Zahlen über den Bestand an russischen Panzern vor dem Krieg, die Produktions- und Reparierungsfähigkeiten und die belegten Verluste analysiert. Die Zeitschrift stützt sich dabei zu einem grossen Teil auf Zahlen ab, welche das offene Recherche-Netzwerk OSINT-ARI aus Frankreich erhoben hat. Der «Militarny»-Autor Andriy Haruk, Militärhistoriker, Doktor der Geschichtswissenschaften, Professor der Abteilung für Geisteswissenschaften an der Nationalen Akademie der Landstreitkräfte, benannt nach Hetman Petro Sahaidachny kommt zum Schluss, dass die russische Armee aktuell nur noch wenige hundert funktionierende Panzer hat. https://mil.in.ua/uk/blogs/skilky-tankiv-zalyshylos-u-rosiyi/

Die Kernelemente: Vor dem Krieg gegen die Ukraine hatte die russische Armee zwischen 6’000 und 7’000 kampffähige Panzer. Diese Zahlen wurden anhand von Satellitenbildern erhoben, welche die offenen und die mit Dächern geschützten Lager der russischen Panzerarmeen in verschiedenen Regionen zeigten. Dazu gehörten T-80 Panzer (750 Stück), T-72 (1’945 Stück), T-62 (1’239 Stück), T54/55 (413 Stück). Dreiviertel der Panzer wurden von 1980 hergestellt. Nicht aufgeführt wurden T-90 Panzer.

Pro Jahr kann die russische Rüstungsindustrie 390 Panzer zu produzieren, darunter neue, modernisierte und restaurierte Panzer aus Lagerhallen. Russische Quellen nennen eine doppelt so hohe Anzahl. Gleichzeitig sinkt aufgrund der Sanktionen gegen Russland die Qualität der Produkte. Dies betrifft die elektronische Ausrüstung, aber auch den für die Geschützrohre verwendete Stahl.

In verschiedenen Regionen befinden sich insgesamt 10 Reparaturstätten oder Panzerfabriken, welche hauptsächlich beschädigte Fahrzeuge reparieren, die mit Zügen zu den Werkstätten gebracht werden. Insgesamt können damit pro Jahr zwischen 100 und 300 gepanzerte Fahrzeuge wieder kampfbereit gemacht werden. Satellitenaufnahmen zeigen auch hier lange Schlangen von Panzern, welche vor den Fabriken auf die Reparatur warten.

Zum Zeitpunkt des Beginns der umfassenden Aggression gegen die Ukraine verfügten die Russen über 2’987 Panzer im Einsatz. Nach Angaben von «Oryx» belaufen sich die Verluste bis Anfang 2024 auf 2’619 Panzer. Davon wurden 1’725 zerstört, 145 beschädigt, 205 verlassen und 544 an die ukrainische Armee verloren.

Der Mangel an Panzern und die geringen Produktionsfähigkeiten sind mit ein Grund, weshalb der Kreml vermehrt das Thema «Waffenstillstand» nennt. Solch ein «Friede» würde der russischen Kriegswirtschaft erlauben, die jährliche Produktion von T-90 Panzern der Fabrik Uralwagonsawod auf 250–300 Maschinen zu steigern und die Produktion von T-80-Panzern im Werk Omsktransmash wieder aufzunehmen.

Die Alternative zu einem Waffenstillstand ist die stetige Verkleinerung der russischen Panzerflotte durch die ukrainische Armee.

WEHRHAFTE FRAUEN

Anfang Dezember wurde hier berichtet, dass zwei ukrainische Widerstandskämpferinnen auf der Halbinsel Krim russischen Soldaten Wodka zu trinken gaben und sie mit Essen versorgten, welches mit Arsen vergiftet war. 24 Besatzer starben und 11 wurden ins Krankenhaus eingeliefert. https://aldrovandi.net/2023/12/02/ukraine-aktuell-nr-647-2-12-23-18uhr/ Nach neusten Angaben waren es 46 russische Soldaten, die in Simferopol und Bachtschissarai mit vergiftetem Essen getötet wurden, wie russische Telegram-Kanäle berichten. https://twitter.com/igorsushko/status/1744987357781352906

Unterdessen konnte der russische Geheimdienst die beiden Frauen identifizieren, aber beim Versuch, sie in einem Haus auf Jalta zu verhaften, erlebten sie eine böse Überraschung. Die beiden Widerstandskämpferinnen waren mit Handfeuerwaffen und automatischen Waffen ausgerüstet. Sie erschossen drei FSB (Geheimdienst)-Beamte und verletzten zwei weitere, einen von ihnen schwer. Beide Frauen konnten entkommen und werden seither gesucht. Bei den Frauen soll es sich um Bewohnerinnen der Krim handeln, die zwischen 22 und 25 Jahre alt sind. https://www.dialog.ua/war/287918_1704821530

PUTIN – «EURE MAJESTÄT»

Aleksandr Dugin, ist ein Ideologe des Putin-Regimes, der von einem grossrussischen Reich träumt – und dessen Tochter, ebenfalls eine faschistische Propagandistin des Kreml – am 22.August 2022 in Moskau in die Luft gesprengt wurde.

Angesichts der frierenden Russen machte er deutlich, wie er Putin sieht und was das «Volk» vom Kreml-Herrscher erwartet. Dugin schreibt auf seinem Telegram-Kanal: «Die Realität ruht auf denen, die an sie glauben. Ich glaube, dass es in Russland kein Parlament gibt, genauso wenig wie es in Russland eine liberale Demokratie gibt. Es gibt eine Monarchie und ihr Oberhaupt. Und was immer er will, so wird es sein. Dieses oder jenes Gesetz, es ist egal, wer es vorschlägt oder unterstützt. Bis das furchterregende Auge des Zaren auf die Eskapaden dieses selbstverliebten und diebischen (oft einfach unwürdigen) Abschaums aufmerksam wird.  Das ist es, was ich und auch mein Volk glauben. Und so ist es auch. Wendet Euren Blick, Eure Majestät, auf Euer Volk, das in den nahen Moskauer Vorstädten friert. Wenn Ihr das tut, wird es warm sein. Wenn Ihr es nicht tut, werden sie den letzten Rest stehlen und alle werden erfrieren.» https://t.me/Dugin_Aleksandr/13542

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