Ich dachte noch im Juni, dass ein zweites Confinement («Lockdown») in Frankreich politisch und gesellschaftlich nicht durchsetzbar ist. Offenbar habe ich mich getäuscht.
Emanuel Macrons Rede wurde gestern Abend um 20 Uhr auf TV-Stationen übertragen und 32,7 Millionen Menschen schauten zu. Bei seiner ersten «nous sommes en guerre»-Rede Mitte März waren es noch 2.7 Millionen mehr.
Im Anschluss an die Rede hat der Nachrichtensender LCI (gehört zur privaten TV-Gruppe von TF1) eine Umfrage starten lassen (durch die Firma Harris Interactive). Das Ergebnis:
— 76% der Befragten werden sich «an die Regeln halten»
— 22% der Befragten werden sich «kleine Ausnahmen erlauben»
— 2% der Befragten «weigern sich die Confinement Regeln einzuhalten».
Nicht transparent ist, wie viele Menschen befragt wurden. Kritisch anzumerken ist bezüglich der Überzeugungskraft von Macron:
68% fanden die gestrige Rede und die Massnahmen überzeugend. Mitte März waren noch 76% überzeugt.
Bei den politischen Parteien ist die Meinungsbildung noch nicht abgeschlossen, denn sie verhandeln zurzeit noch mit der Regierung im Rahmen des demokratischen Prozesses.
In einer Stellungnahme haben gestern die Republikaner (Bürgerlichen) und die Sozialisten zugestimmt. Jean Luc Melanchon von France Insoumis (Die Unbeugbaren, Linkssozialisten) sagte heute vor dem Parlament, dass man kein Vertrauen in die Regierung und ihre Massnahmen habe. Die zweite Welle habe sich schon länger abgezeichnet und getan worden sei zu wenig. Und Le Pens Nationalisten finden sowieso alles schlecht, was Macrons Partei und Regierung tut.
Heute wird die Regierung um 18:30 Uhr weitere Details bekanntgeben.
Was die Franzosen aktuell beschäftigt ist die unglaublich mühsame Covid-19 Pandemie und deren Bewältigung. Gross Sorgen machen ihnen auch die Islamisten. Die primitiven Angriffe des türkischen und des pakistanischen Präsidenten werden heute noch getoppt durch zwei weitere Nachrichten: In Nizza wurden heute in der Basilika Notre-Dame drei Menschen erstochen und mehrere verletzt. Der Attentäter wurde verhaftet. mit einem Messer erstochen und in Saudiarabien wurde in der Stadt Dschidda/Djeddah im französischen Konsulat eine Person durch einen Messer-Attentäter verletzt.