UKRAINE AKTUELL Nr. 786 (19.4.24/23Uhr)

  • Schwere Schläge gegen Russland
  • Erste Hürde für Ukraine-Hilfe weg
  • Spekulationen zu Mike Johnson
  • Europarat ächtet Putin umfassend
  • Georgier demonstrieren weiter

ERSTMALS BOMBER ABGESCHOSSEN

Heute wurde zum ersten Mal in der Geschichte ein mit Marschflugkörpern bestückter schwerer russischer Bomber Tu-22M3 «Backfire» über Russland abgeschossen. Das Flugzeug – Wert rund 40 Millionen US-Dollar – hatte zuvor die ukrainische Hafenstadt Odessa angegriffen.

Über diesen möglichen Wendepunkt bei der Verteidigung der Ukraine gibt es ein Video auf YouTube (https://www.youtube.com/watch?v=X72_pq12cb4 ) und X (https://twitter.com/i/status/1781176954000949699).

Der kurze Film zeigt das am Heck brennende Flugzeug, wie es in einer vertikalen Spiralbewegung vom Himmel auf den Boden stürzt. Die Absturzstelle befindet sich in der Region Stavropol im Südwesten Russlands.

Die russischen Behörden sprachen von einer «technischen Störung».

Demgegenüber sprach die ukrainische Seite von einer erfolgreichen militärischen Operation: «Einer der Tu-22M3-Langstreckenbomber, der in der Nacht zum 19. April einen Raketenangriff auf die Ukraine ausführte, wurde durch eine Spezialoperation des militärischen Nachrichtendienstes in Zusammenarbeit mit der Luftwaffe abgeschossen. Das feindliche Tu-22M3 Flugzeug wurde in einer Entfernung von etwa 300 Kilometern von der Ukraine mit demselben Mittel abgeschossen, das zuvor das russische A-50-Langstreckenradarerfassungs- und -kontrollflugzeug getroffen hatte. Infolge des Treffers konnte der Bomber in das Gebiet von Stawropol fliegen, wo er abstürzte und verunglückte.» https://twitter.com/nexta_tv/status/1781224703492788513

«Es handelt sich hierbei um die erste erfolgreiche Zerstörung eines strategischen Bombers in der Luft während eines Kampfeinsatzes während der russischen Invasion in der Ukraine. Jedes Kriegsverbrechen, das gegen die Ukraine begangen wurde, wird auf faire Weise bestraft werden», schreibt der militärische Nachrichtendienst unter Führung von Kyrylo Budanov.

In einem Interview mit der BBC sagte Budanov, dass es sich um eine lange vorbereitete Aktion gehandelt habe und «Wir haben lange gewartet und uns vorbereitet und dann haben wir es geschafft. (…) Sagen wir einfach, dass sich fruchtbare und lange Arbeit bemerkbar macht.» https://twitter.com/i/status/1781377071899463781

Gegenüber dem Sender TWZ sagte Budanov, dass für den Abschuss des Bombers ukrainische S-200 Flugabwehrraketen eingesetzt worden seien. Die vier vorhandenen Systeme wurden 2013 als veraltet ausser Betrieb gesetzt, aber während des Krieges modernisiert und sind nun wieder einsatzbereit. https://t.me/uniannet/131613

Der Sprecher des militärischen Nachrichtendienstes bezeichnete den Abschuss als «bahnbrechende Operation». Das zweite Flugzeug, welche zusammen mit der abgeschossenen Maschine unterwegs war, sei umgekehrt und so wurde die Ukraine vor den Raketen dieses Flugzeugs verschont. https://t.me/c/1269013410/65772

«Die Ukraine hat das Recht, russische Bomber auf russischem Gebiet abzuschießen», sagt NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg. https://twitter.com/i/status/1781349153169195028

HYPERSCHALL-RAKETEN ABGEFANGEN

Ebenfalls zum ersten Mal konnten die ukrainischen Verteidiger sogenannte Hyperschall-Raketen vom Typ «Kh-22» abfangen, bevor sie Schaden anrichteten.

Der ukrainisch-amerikanische «Defence Blog» schreibt: «In der Nacht zum 19. April 2024 starteten die russischen Streitkräfte einen kombinierten Raketenangriff mit sechs Marschflugkörpern vom Typ Kh-22 aus ihren strategischen Langstreckenbombern Tu-22M3, die aus dem Schwarzen und Asowschen Meer kamen.

Von den sechs Raketen, die auf ukrainisches Gebiet gerichtet waren, konnten die ukrainischen Streitkräfte zwei zerstören, was einen bemerkenswerten Erfolg ihrer Verteidigungsfähigkeiten darstellt.

Die Kh-22, ein in der Sowjetära entwickelter Überschall-Marschflugkörper, ist für den Einsatz gegen Flugzeugträger und Flugzeugträger-Kampfgruppen konzipiert und kann entweder konventionelle oder nukleare Sprengköpfe tragen. Trotz ihrer Ursprünge in den späten 1960er Jahren ist die Kh-22 nach wie vor eine starke Bedrohung, da sie in der Annäherungsphase Geschwindigkeiten von bis zu Mach 3 und im Endsturzflug von über Mach 4 erreicht, was eine große Gefahr für die Zielgebiete darstellt.» https://defence-blog.com/ukraine-intercepts-russian-kh-22-missiles-for-the-first-time/

KAMPF UM DIE UKRAINE-HILFE

Die Anhänger Trumps in der republikanischen Partei versuchen alles, um die morgige Abstimmung zu verhindern. Dabei erlitten sie heute Abend eine erste Niederlage.

In einem ersten Verfahrensschritt hat das US-Repräsentantenhaus ein Gesetz zur Unterstützung der Ukraine und anderer Verbündeter der USA im Ausland sowie ein Gesetz zur Beschlagnahme russischer Vermögenswerte verabschiedet und damit ein entscheidendes Verfahrenshindernis überwunden. Die entscheidende Schlussabstimmung findet am Samstagabend gegen 20 Uhr mitteleuropäischer Zeit statt.

Für die Behandlung des Gesetzes stimmten 149 Republikaner und 162 Demokraten. Dagegen waren 55 Republikaner und 38 Demokraten. https://twitter.com/nexta_tv/status/1781342319335141497

Zuvor hatte Michael McCaul, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des US-Repräsentantenhauses gesagt: Wenn die Ukraine fällt, wird Russland in Moldawien, Georgien und im Baltikum (NATO-Mitglieder) einmarschieren. Es gäbe klare Parallelen zu Hitlers und Stalins Invasionen in Europa 1939: Um zu vermeiden, dass unsere Männer und Frauen in den Krieg geschickt werden, müssen wir die Ukraine bewaffnen. https://twitter.com/igorsushko/status/1781086933562876046

Mike Johnson, Sprecher des Repräsentantenhauses sagte nach der Abstimmung: Russland, China und der Iran seien die «neue Achse des Bösen». https://twitter.com/clashreport/status/1781367699836194976

100 ÄNDERUNGS-ANTRÄGE

Der sogenannte «Putin-Flügel» in der republikanischen Partei hat rund 100 Änderungsanträge für das morgen zu beratende Gesetz über die Hilfe an die Ukraine eingereicht. Zuerst wird verlangt, das gesamte Gesetz zu streichen («Strike entire bill texte»). Im weiteren ist die Rede von «Ukrainischen Nazis» in der Formulierung «Verbot der Waffenübergabe an die Neo-Nazi Azov-Batallione». Andere Formulierungen behaupten, dass es in der Ukraine geheime Biolabors gäbe oder Christen verfolgt würden. Schliesslich wird verlangt, dass jene Abgeordneten, die für das Hilfegesetz an die Ukraine stimmen, in das ukrainische Militär eingezogen werden. https://twitter.com/JayinKyiv/status/1780982681687237045

BRILLIANTE ANTWORT VON SNYDER

Timothy Snider, amerikanischer Geschichtsprofessor (Yale Universität) und Osteuropa-Experte (Autor von «Black Earth», «Bloodland», «Der Weg in die Unfreiheit») sagte heute vor einem parlamentarischen Ausschuss aus. Dabei wurde er von der radikalen Republikanerin Marjorie Taylor Greene (Kürzel «MTG») gefragt, was er zu den «Nazis in der Ukraine» sagte. Die Antwort von Snyder an die Vertreterin im Repräsentantenhaus: 1. Keine rechtsextreme Partei hat bei einer ukrainischen Wahl jeweils mehr als 3 % erreicht; 2. Anderseits gibt es in der russischen Armee offiziell anerkannte Neonazi-Formationen; 3. Die russische Regierung hat faschistische Züge, deportiert zehntausende ukrainische Kinder, ruft offen zur Zerstörung des Staates und zu Massenfolter auf. https://twitter.com/rshereme/status/1781337606808060042

MIKE JOHNSONS WANDEL

Mike Johnson, der Sprecher des amerikanischen Repräsentantenhauses hat – zusammen mit Marjorie Taylor Greene – monatelang die Hilfe an die Ukraine hintertrieben. Am Mittwoch sprach sich Johnson für eine umfassende Hilfe aus. Der amerikanisch-ukrainische Wirtschaftsprofessor (Case Western Reserve University) Roman Sheremeta schreibt dazu: «Ich glaube, ich habe vielleicht eine Erklärung dafür. Letzte Woche habe ich geschrieben, dass einer der Gründe, warum die USA eher bereit sind, Israel als der Ukraine zu helfen, darin liegt, dass Israel eine sehr starke und systematische Lobby in den USA hat. Es gibt zum Beispiel starke religiöse Bindungen zur protestantischen Gemeinschaft. Die Ukraine muss eine ebenso starke Lobby aufbauen und systematisch mit Kongressabgeordneten, Organisationen, Kirchen und Gemeinden zusammenarbeiten. Vor einigen Tagen kam eine große Gruppe ukrainischer Vertreter mit genau diesem Auftrag nach Washington, DC. Eines dieser Treffen fand zwischen Mike Johnson und Serhii Gaidarzhi statt, dessen Frau und vier Monate alter Sohn bei dem Angriff auf Odesa am 2. März von Russen getötet wurden. Wichtig ist, dass die Familie Gaidarzhi evangelische Christen waren, genau wie Mike Johnson. Persönliche Begegnungen wie diese können eine tiefe Wirkung auf einen Menschen haben, und ich glaube, dass sie bei Mike Johnson Wirkung gezeigt haben.» https://twitter.com/rshereme/status/1781311185930830265

GROSSANGRIFF AUF DNJPRO

Die Armee Russland hat einen massiven Raketenangriff auf die Eisenbahninfrastruktur in der ukrainischen Stadt Dnjpro durchgeführt. Ein Platz in der Nähe des Bahnhofs wurde getroffen. Mindestens acht Menschen, darunter ein Kind, wurden in der Region Dnipro getötet. Nach einer Verzögerung wurde der Zugverkehr nun wieder aufgenommen. https://twitter.com/maria_avdv/status/1781214851475423509

PUTIN UMFASSEND ÄCHTEN

Gestern erkannte die Parlamentarische Versammlung des Europarats in ihrer Resolution Putins Illegitimität als Präsident der Russischen Föderation an. Der Rat forderte die Mitgliedstaaten des Europarats und Beobachterländer sowie die Europäische Union dazu auf, alle Kontakte mit ihm, mit Ausnahme humanitärer Kontakte und Kontakte zur Erreichung des Friedens einzustellen.

Im Text steht unter anderem:

«Die Parlamentarische Versammlung würdigt den Mut und das Opfer von Alexej Navalny, einem führenden russischen Oppositionspolitiker, Aktivisten der Zivilgesellschaft, Korruptionsbekämpfer und politischen Gefangenen, der vom russischen Staat wegen seiner Opposition gegen das Regime von Wladimir Putin verfolgt und schließlich getötet wurde. (…) Wladimir Putin ist in der Russischen Föderation seit dem Jahr 2000 ununterbrochen als Präsident oder Ministerpräsident an der Macht. Seit seinem Amtsantritt hat Wladimir Putin ein Regime aufgebaut, dessen Ziel es ist, einen Krieg gegen die Demokratie zu führen.» https://pace.coe.int/en/files/33511/html

GEORGIER DEMONSTRIEREN

In der georgischen Hauptstadt Tiflis haben sich Demonstranten heute zum fünften Tag in Folge versammelt. So wie gestern wurden die Demonstration nicht angekündigt. Vor wenigen Stunden begannen sie die Hauptverkehrsader der Hauptstadt in der Nähe des Justizpalastes zu blockieren.

Mit dem Ruf «Georgien!» demonstrierten sie gegen das Anti-Agenten-Gesetz, welches nach russischem Muster verfasst wurde und gegen das russische Regime.

Medea Ivaniadze schreibt: «Der heutige Protest ist anders: Aktivisten versammeln sich in den Straßen von Tiflis, skandieren «Georgien», «NoToRussianLaw», «Wohin gehen wir? – nach Europa», Menschen bringen ihre Unterstützung aus Autos und Wohnungsfenstern zum Ausdruck, Passanten machen Fotos und Videos, alle scheinen ermutigt. https://twitter.com/medeaivan/status/1781423869825257507

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