- Frage&Antwort: Wie weit kommen die Russen?
- Ukraines Armeechef zur heiklen Frontlage
- Bisher grösste Anti-Kreml-Demo in Georgien
- China sanktioniert Russland
- Gigantische Verluste bei Putins Truppe
- Patient verpfeift russische Kinderärztin
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FRAGE & ANTWORT ZUM KRIEG, Nr.1
Der Leser Peter Halasi stellt folgende Frage: Wie beurteilen Sie die Situation? Kann die sehr verspätete und unzureichende amerikanische und andere westliche Hilfe noch etwas Positives bewirken? Und wie lange, wie weit kann der Aggressor Russland noch vorrücken? Ich weiss, die Zukunft ist sehr schwierig einzuschätzen.
Lieber Peter, «Prognosen sind schwierig, besonders wenn es um die Zukunft geht». Klar, aber trotzdem eine Antwort, basierend auf meinem Wissensstand
In den letzten drei Wochen kommen die russischen Truppen schneller voran als in den letzten Monaten. Im Vergleich zur Grösse des Landes sind es aber kleine Bewegungen. So wurden seit der Eroberung von Bakhmut vor einem Jahr nur 10 Kilometer Gelände gewonnen.
Das kann sich ändern, wenn Chasiv Yar und ein, zwei andere strategische Positionen fallen sollten. Putin will Chasiv Yar bis am russischen Feiertag des 9.Mai erobert haben. Nach diesen ukrainischen Hindernissen könnten die Invasoren im Donbass in die offene Fläche vorstossen. Im Moment legt die russische Armee alle Kraft in diese Bewegung. Sie nutzen damit auch das vorhandene Zeitfenster, weil die ukrainischen Frontlager leer sind und der Nachschub noch nicht angekommen ist.
Bisher hat die ukrainische Armee die Taktik des «Ausblutens» realisiert, also die Russen kommen lassen, sie und ihre Ausrüstung vernichtet und so ihre Haut so teuer wie möglich verkauft. Danach haben sie sich schrittweise zurückgezogen, um wieder auf den Feind zu warten. Das ging, solange hinter ihnen weitere befestigte Stellungen waren.
Aktuell befinden sich die stark befestigten Stellungen aber 10 und mehr Kilometer hinter der aktuellen Frontlinie. Wenn die Ukraine diese Fläche aufgibt und direkt in die neu errichteten befestigten Stellungen geht, dann gewinnen die Russen schnell Fläche und das kann sie euphorisieren, was sie nicht schwächer macht.
Hinzu kommt, dass die russische Desinformationskampagne im Westen mit allen Mitteln den Eindruck zu erwecken versucht, dass der Kampf für die Ukrainer verloren sei.
Wie lange die ukrainische Armeeführung an der bisherigen «Ausblut-Taktik» festhalten kann, hängt von verschiedenen Faktoren ab: Gibt es eine Rotation mit anderen Soldaten, und zwar erfahrenden nicht unerfahrenen; wird die Lieferung von einfachen Abwehrwaffen gegen Panzer und Flugzeuge genug schnell intensiviert; Kann die ukrainische Armee ihre bisherigen sehr erfolgreichen Zerstörungsaktionen hinter der Front weiterführen und sogar dank neuer Waffen wie die ATACMS ausdehnen? Und vor allem: Wann wird die Ukraine schlagkräftige Luftabwehrwaffen haben, um auch die Bomber auszuschalten, die aus grosser Distanz wirkungsvolle Gleitbomben auf die Ukraine fallen lassen?
Von der Beantwortung dieser Fragen hängt es ab, wie lange das «Momentum» für die Russen andauern kann.
(«Fragen &Antworten zum Krieg» sind ein neues Format. Wer eine Frage hat, kann sie auch direkt an news@aldrovandi.net stellen und sie wird, wenn immer möglich, beantwortet).
WEITERE DETAILS VON SYRSKYJ
Gegenüber den Militärverbündeten hatte der ukrainische Armeechef Olexandr Syrskyj am Freitag gesagt, dass sich die Lage im Osten «tendenziell verschlechtert». https://aldrovandi.net/2024/04/27/ukraine-aktuell-nr-794-27-4-24-21uhr/
Heute gab Syrskyj seine umfassende Sicht auf die Lage an der Front bekannt: «Die Situation an der Front hat sich verschärft. In dem Bemühen, die strategische Initiative zu ergreifen und die Frontlinie zu durchbrechen, hat der Feind seine Hauptanstrengungen auf mehrere Gebiete konzentriert und sich so einen erheblichen Vorteil bei Kräften und Ausrüstung verschafft. Die russische Armee greift aktiv entlang der gesamten Frontlinie an und hat in einigen Gebieten taktische Erfolge erzielt. Die Situation ändert sich dynamisch, wobei einige Positionen im Laufe des Tages mehrmals den Besitzer wechseln, was zu einer gewissen Unklarheit bei der Einschätzung der Situation geführt hat.»
Alle Details zu den einzelnen Regionen gibt es hier: https://twitter.com/Gerashchenko_en/status/1784599299495539018
Neben den konkreten Frontangaben hält Syrskyj fest: «Wir rotieren weiterhin Militäreinheiten, um die Ruhezeit des Personals zu organisieren und die Kampffähigkeit unserer Militäreinheiten wiederherzustellen.; Die Ausbildung des Personals in den Ausbildungszentren wird fortgesetzt; Die Arbeiten zur Befestigung der Verteidigungsgrenzen und -stellungen werden fortgesetzt; Darüber hinaus wird gemeinsam mit Partnern daran gearbeitet, sicherzustellen, dass die Ukraine so schnell wie möglich Munition, Waffen und militärische Ausrüstung erhält.»
MASSEN-DEMO IN TIFLIS
Die Strassen der georgischen Hauptstadt Tiflis sind heute Abend mit tausenden Menschen gefüllt. Videos hier: https://twitter.com/i/status/1784638447002542482 oder https://twitter.com/i/status/1784638648148770857 oder https://twitter.com/i/status/1784618110424690761
Marika Mikiashvili schreibt aus Tiflis: «Dies ist UNVORHERgesehen. Ich habe an allen Protesten in Georgien teilgenommen. Es sind so viele Menschen, dass ein Marsch zum Parlament nicht vorankommt, er steht einfach. Wir haben auch die Stadtbusse überrascht und sie stecken fest.» https://twitter.com/i/status/1784651193932804210
Neben georgischen Fahnen sind die Flagge der Europäischen Union überall zu sehen, sowie einzelne Ukraine Fahnen. Der Georgier Giorgi Revishvili schreibt: «Wahrlich beeindruckende Szenen aus Tiflis, Georgien Die Georgier verteidigen unmissverständlich die europäische Zukunft ihres Landes. Der georgische Traum versucht unverhohlen, jenes von Russland inspirierte Gesetz über ausländische Agenten zu verabschieden und Georgiens aufkeimende Demokratie zu zerstören. Georgien gehört in die EU». https://twitter.com/revishvilig/status/1784638447002542482 Auf dem Platz der Republik wird die EU-Hymne angestimmt. https://twitter.com/mari_nikuradze/status/1784617955453530167
CHINA ERGREIFT SANKTIONEN
China kündigt offiziell Sanktionen gegen Russland an und gibt damit seine nach aussen getragene «Neutralität» auf. Wang Wenbin, Berater des Aussenministeriums der Volksrepublik China, kündigte an, dass die Ausfuhr von Produkten, die für den russischen militärisch-industriellen Komplex entscheidend sind, beendet werden. https://twitter.com/Pani_belaruska/status/1784458169994916250
Im vergangenen Dezember kündigten die US-Behörden an, dass sie beabsichtigen, sekundäre Sanktionen gegen Finanzinstitute und Banken zu verhängen, die nachweislich in Transaktionen verwickelt sind, die den Kauf von Waren durch Unternehmen aus Russland betreffen. https://twitter.com/Pani_belaruska/status/1784458169994916250
Diese Woche war US-Aussenminister Anthony Blinken in Peking und äusserte harte Kritik an der Sowohl-als-auch-Haltung der Chinesen im Zusammenhang mit dem Krieg Russlands gegen die Ukraine. https://aldrovandi.net/2024/04/26/ukraine-aktuell-nr-793-26-4-24-20uhr/
KRIM: TOURISTEN UND RAKETEN
Russisch-orthodoxe Menschen feiern Ostern dieses Jahr am 5.Mai. Und weil es die Russen gewohnt sind, ihre Ostertage auf der Krim zu verbringen, stauen sich auch dieses Jahr lange Autokolonnen. So zum Beispiel beim Grenzübergang zur illegal besetzten Krim bei Chonhar (FOTO) oder bei Taman.
Den Russen auf der Krim hat die ukrainische Armee in der Nacht auf heute einen feurigen Empfang bereitet. An der Westspitze der Krim, am Kap Tarkhankut, wurden russische Luftschutzeinheiten mit ATACMS Raketen angegriffen. Es wird vermutet, dass sich die Ukrainer der Küste entlang in Richtung Krimbrücke vorarbeiten. https://twitter.com/igorsushko/status/1784493081129349627
Ausserdem schlugen mehrere Raketen in der Stadt Dzhankoi/Dschankoj und in der Umgebung auf der Krim ein. Nach Angaben der Partisanenbewegung «Atesh» (@Ametham_atesh_ua) auf der Krim haben sie bei Dzhankoj das grösste Öldepot der russischen Armee auf der besetzten Insel entdeckt. Ob dieses Depot getroffen wurde, steht nicht fest, aber eine Serie von massiven Einschlägen bei Dzhankoj wurde von russischen Telegramkanälen gemeldet. https://www.ukrinform.net/rubric-ato/3857745-partisans-discover-large-oil-depot-in-dzhankoi.html
GIGANTISCHE VERLUSTE
John Healey Schattenverteidigungsminister des Vereinigten Königreichs – also «Verteidigungsminister» der Opposition – fragte die Regierung, ob sie die Zahlen für die getöteten, verletzte und desertierten russischen Zahlen nennen könne und wie gross die materiellen Verluste von Putins Armee seien.
Die Regierung antwortete kurz und klar: «Wir schätzen, dass seit Beginn des Konflikts etwa 450’000 russische Militärangehörige getötet oder verwundet wurden und dass Zehntausende von ihnen bereits desertiert sind. Die Zahl der getöteten Angehörigen russischer privater Militärfirmen (PMCs) ist unklar. Wir schätzen außerdem, dass über 10’000 russische gepanzerte Fahrzeuge, darunter fast 3’000 Kampfpanzer, 109 Starrflügler, 136 Hubschrauber, 346 unbemannte Luftfahrzeuge, 23 Marineschiffe aller Klassen und über 1’500 Artilleriesysteme aller Typen seit Beginn des Konflikts von der Ukraine zerstört, aufgegeben oder erbeutet wurden.» https://ukdefencejournal.org.uk/britain-estimates-450000-russian-troops-killed-or-wounded/
GEFÄNGNIS FÜR KINDERÄRZTIN
Die 67-jährige Moskauer Kinderärztin Nadezhda Buyanova wurde ins Gefängnis gesteckt und wartet nun auf ihren Prozess. Im Gespräch mit einem Patienten hat sie ihre Unterstützung für die Ukraine zum Ausdruck gebracht. Der Patient hat sie verraten.
Wer der Kinderärztin schreiben will, richtet die Post an folgende Gefängnis-Adresse: Adresse: Buyanova Nadezhda Fedorovna, 109383, Moskau, st. Shosseynaya, 92, FKU SIZO-6 Bundesgefängnisdienst, Moskau. https://twitter.com/Anna_lena2022/status/1784498530704334946