UKRAINE AKTUELL Nr. 763 (27.3.24/22Uhr)

  • Fliegerbomben gegen Zivilisten
  • Neue Kriegsmethode der Russen
  • Der Deal Moskau – Pjöngjang
  • Frankreich liefert 78 Kanonen
  • Ein Blick auf Russlands Strategie

KHARKIV IM KREML-FOKUS

In den letzten Tagen hat die russische Armee die Zerstörungsaktionen gegen die zweitgrösste Stadt der Ukraine, Kharkiv, verstärkt. Wie heute freigegebene Bilder zeigen, wurde das Hauptkraftwerk von Kharkiv am 22. März durch einen Raketenangriff zerstört. (FOTO) Es handelt sich um eine Zentrale, die für die Strom- und Wärmeversorgung der Stadt entscheidend ist. Der Wiederaufbau wird so komplex sein wie der Bau eines neuen Kraftwerks. Russland hat seit zwei Jahren wiederholt versucht, diese Anlage zu beschädigen. https://twitter.com/maria_avdv/status/1772684221905051673

Die Stadt wurde bisher insbesondere mit den iranischen Shahed-Drohnen angegriffen. Neu ist, dass die russische Armee Fliegerbomben gegen Zivilisten einsetzt, so wie heute gegen ein Wohnhaus (FOTO. Bekannt sind ein Todesfall und mindestens 16 Verletzte. Durch die Einschläge wurden fünfstöckige Wohngebäude schwer beschädigt. Auch das Institut für Notfallchirurgie wurde beschädigt. Das gab der Bürgermeister der Stadt, Igor Terekhov, bekannt. https://t.me/astrapress/52529

Der ukrainische Präsident Volodymyr Zelenskyj schrieb dazu am Nachmittag: «Der russische Terror gegen die Stadt erlangt eine besondere Gemeinheit. Versuche, mehr als eine Million Menschen in einen Stromausfall zu zwingen, ständige Raketenangriffe und „Märtyrer“ (Shahed-Drohnen). Jetzt – Fliegerbomben. (…) Mindestens 19 Menschen wurden verletzt, darunter auch Kinder. Insbesondere ein Mädchen, das im Jahr 2022 geboren wurde, und ein Junge, der im Jahr 2023 geboren wurde. Allen Opfern wird die notwendige Hilfe geboten. Alle Dienste sind am Tatort im Einsatz, und ich bin allen dankbar, die Tag für Tag das normale Leben in Charkiw retten.» https://t.me/V_Zelenskiy_official/9898

SOLOWJOWS PHANTASIEN

Im letzten Jahr hat Roger Köppel als Schriftenführer der Zürcher «Weltwoche» den Russen Wladimir Solowjow als «Journalist» bezeichnet und stolz ein Selfie von ihm und Solowjow publiziert. Tatsächlich steht der Mann auf internationalen Sanktionslisten, weil er einer der hemmungslosesten Kreml-Kriegs-Propagandisten ist. Heute Abend nannte Solowjow die Zerstörung von Kyiv und Kherson als ein wichtiges Kriegsziel. So sagte er, dass der Bevölkerung von Kharkiv 48 Stunden Zeit gegeben werden soll und danach würde die Stadt «Block für Block demoliert». Und im gleichen Redeabschnitt sagte er: «Man muss mir erklären, warum existiert Kyiv als Nazi Stadt immer noch? Die Mutter aller russischen Städte wurde von Feinden gekidnappt und zwar von Nazis.» https://t.me/Tsaplienko/50893

NEUE KRIEGSMETHODE

Die iranischen Shahed-Drohnen sind von ihrer Wirkung her nicht sehr effektiv, weil die meisten von ihnen abgeschossen werden, bevor sie das Ziel erreichen. Aber die Drohnen binden die Aufmerksamkeit und die Mittel der Flugabwehr, so dass andere Flugkörper den ukrainischen Boden erreichen können. Die russische Armee ist derzeit in der Lage 250 verschiedene Flugkörper (Drohnen, Marschflugkörper, Raketen, Lenkbomben) in die Luft zu bringen und so die ukrainische Luftabwehr zu umgehen. Das sagte der Politiktechnologe Ruslan Rohov im ukrainischen TV. https://t.me/c/1198589840/86554

In den nächsten Stunden wird ein solcher Massenbeschuss erwartet. Der Stadt von verschiedenen Bombern von russischen Flughäfen wurden seit 21 Uhr gemeldet. Damit die verschiedenen Regionen über die mögliche Bedrohung informiert sind, wurden regionale Informationskanäle eingerichtet: https://t.me/+ohWqGMRS1rRjM2Q6

DER DEAL MIT NORDKOREA

Russland hat unter Missachtung der #UN-Sanktionen damit begonnen, Nordkorea direkt mit Öl zu beliefern, was die Verbindungen zwischen den autoritären Regimen stärkt und den internationalen Bemühungen, Pjöngjang einzudämmen, einen weiteren Schlag versetzt.

Mindestens fünf nordkoreanische Tanker waren diesen Monat unterwegs, um Ölprodukte im Hafen von Wostotschny im russischen Fernen Osten einzusammeln. Dies geht aus Satellitenbildern hervor, die das Royal United Services Institute, ein britischer Think Tank, mit der Financial Times geteilt hat.

«Diese Öllieferungen sind ein Frontalangriff auf das Sanktionsregime, das nun kurz vor dem Zusammenbruch steht», sagte Hugh Griffiths, ehemaliger Koordinator der UN-Expertengruppe zur Überwachung der Sanktionen gegen Nordkorea .

«Was wir heute sehen können, ist ein klares Abkommen über den Austausch von Waffen gegen Öl, das eklatant gegen die Sanktionen verstößt, die Wladimir Putin persönlich unterzeichnet hat, und den Weg Russlands in den letzten Jahren von einem internationalen Störenfried zu einem geächteten Staat illustriert», sagte Griffiths. https://twitter.com/Eric_Lecomte_/status/1772491731662975405

FRANKREICH LIEFERT KANONEN

Die Ukraine wird bald mehr von den CAESAR-Artilleriegeschützen haben, welche die Russen fürchten. Frankreich wird in der Lage sein, 78 CAESAR-Selbstfahrlafetten in die Ukraine zu schicken und die Produktion und Lieferung von 155-mm-Geschossen zu steigern. Das sagte Verteidigungsminister Sébastien Lecornu. In diesem Jahr will Paris 100’000 155-mm-Granaten produzieren, von denen 80’000 auf das Schlachtfeld in der Ukraine geschickt werden. Die Restmenge von 20’000 werde zur Auffüllung unserer eigenen Reserven verwendet, sagte er. https://t.me/c/1269013410/64748

EU FINANZIERT RHEINMETALL

Der deutsche Rüstungskonzern Rheinmetall erhielt von der Europäischen Union 130 Millionen Euro, um die Munitionsproduktion zu steigern. Bis 2027 will der Konzern jährlich 1,1 Millionen Granaten produzieren. Wie die Waffenfabrik betont, sei Munition wichtig für den Kampf der Ukraine gegen die Eindringlinge. https://t.me/c/1269013410/64768

RUSSLANDS STRATEGIE

Der französische Militärblogger Xavier Tytelman (@PeurAvion) hat folgende Gedanken zur strategischen Ausrichtung von Russland notiert, die ich hier veröffentliche, weil sie einige wertvolle Puzzleteile enthalten:

Russlands Hauptanstrengung wird weiterhin darin bestehen, den gesamten Donbas einzunehmen und seine Kontrolle über die neu besetzten Gebiete der Ukraine zu konsolidieren und die dortigen Besatzungsregime zu zementieren.

Darüber hinaus wird Moskau die Auslöschung der ukrainischen Identität in den besetzten Gebieten durch «Russifizierung» fortsetzen, einschließlich Indoktrination in den Schulen, Zwangspassportierung, Auslöschung der ukrainischen Kultur usw.

Russland wird weiterhin Raketen- und Drohnenangriffe auf die Ukraine durchführen, und zwar aus 3 Hauptgründen: 1. Angst zu schüren und die Zivilbevölkerung zu demoralisieren, um die Unterstützung für den Widerstand und den Kampfeswillen zu schwächen; 2. Die militärisch-industrielle Produktion der Ukraine untergraben; 3. sowohl kommerzielle als auch militärische Nachschublinien und wichtige militärische Infrastruktur angreifen.

Russland wird versuchen, die Kontrolle über den westlichen Teil des Schwarzen Meeres wiederherzustellen, nachdem es sich aufgrund der erfolgreichen ukrainischen Luft-, See- und Drohnenangriffe zurückgezogen hat.

Russland profitiert von der politischen Polarisierung und dem Chaos, das die Hilfe für die Ukraine verzögert. Trumps mögliche Wahl zum Präsidenten bringt Unsicherheit und Unberechenbarkeit über Amerikas internationales Engagement und lässt die Hilfe für die Ukraine weiter schwinden. Moskau versucht wahrscheinlich, sich in die US-Wahlen einzumischen, um Spaltung, Misstrauen und Kontroversen in der amerikanischen Öffentlichkeit zu säen.

Putin ist fest davon überzeugt, dass er die ukrainischen Partner überdauern und ausmanövrieren kann, insbesondere nachdem er nach der Meuterei ein neues Gleichgewicht erreicht hat, die ursprünglichen strategischen Ziele nicht erreicht hat und den Sanktionen und dem wirtschaftlichen Druck standhält.

Russland hat nach wie vor ein vitales Interesse an einer verstärkten militärischen Zusammenarbeit mit dem Iran und Nordkorea, um die zahlenmäßige Überlegenheit zu bewahren, insbesondere in Bezug auf Artilleriegeschosse.

Aufgrund der nordkoreanischen Lieferungen ist Russland derzeit in der Lage, 10’000 Granaten pro Tag abzufeuern, während die Ukrainer aufgrund der schwindenden Unterstützung nur 2’000 pro Tag abfeuern können.

Die Demokratische Volksrepublik Korea ist mit einer akuten Nahrungsmittelkrise und einem Mangel an Treibstoff und Öl konfrontiert. Außerdem hat das Land Bedarf an hochentwickelter russischer Militärtechnologie. All diese Faktoren ermöglichen es Moskau, mehr ballistische Raketen von Pjöngjang zu erwerben.

Die Neuausrichtung auf China ist für Russlands Kriegswirtschaft von entscheidender Bedeutung. Im vergangenen Jahr ist der Handel zwischen den beiden Ländern exponentiell gewachsen und hat ein noch nie dagewesenes Niveau erreicht. Russland bezieht fast 80 % seiner Komponenten, insbesondere Elektronik, aus oder über China.

China wird vorsichtig und zurückhaltend auf eine russische Invasion reagieren, da für Peking politisch und finanziell viel mehr auf dem Spiel steht als für die DVRK oder den Iran.

In letzter Zeit wird viel darüber diskutiert, dass Russland in den kommenden Jahren die baltischen Länder angreifen könnte. Kurzfristig droht Moldawien jedoch eine akute Destabilisierung durch Russland, da es sich auf die bevorstehenden Präsidentschaftswahlen vorbereitet. Auch Georgien könnte ein Ziel russischer Einmischung sein, insbesondere wenn die regierende Partei Georgischer Traum die Parlamentswahlen im Oktober verliert.

Die Schlüsselfrage ist, was der Westen tun sollte, um den russischen Ambitionen im Jahr 2024 zu begegnen

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