Ukraine Aktuell Nr. 692 (16.1.24/22Uhr)

  • Zelenskyjs Rede in Davos
  • Putins Aussagen in Moskau
  • Internationale Drohnen-Allianz
  • Details zu kaputten Kommando-Jets

ZELENSKYJS REDE IN DAVOS

Der ukrainische Präsident Volodymyr Zelenskyj sprach am Davoser Forum zu führenden Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Politik. Er bat darum, die Ukraine zu unterstützen, und betonte, dass dies der einzige schnelle Weg zu einem gerechten und stabilen Frieden sei.

«Ich weiss Ihre Bereitschaft zu schätzen, Antworten auf wirklich wichtige Fragen zu hören. Wann wird der Krieg enden? Ist der dritte Weltkrieg möglich? Ist es an der Zeit, mit Putin zu verhandeln?» fragte Zelenskyj zu Beginn seiner Ansprache.

Zelenskyj publizierte seine Rede auf Twitter: «Putin hat mindestens 13 Jahre des Friedens gestohlen und ihn durch Schmerz und Krisen ersetzt, die die ganze Welt betreffen. Er versucht zu normalisieren, was im 20. Jahrhundert hätte enden sollen: Massendeportationen, dem Erdboden gleichgemachte Städte und Dörfer und das Gefühl, dass der Krieg niemals enden könnte.

Putin verkörpert den Krieg. Wir alle wissen, dass er der einzige Grund ist, warum verschiedene Kriege und Konflikte andauern und warum alle Versuche, den Frieden wiederherzustellen, gescheitert sind. Er wird sich nicht ändern. Wir müssen uns ändern. Ändern, damit der Wahnsinn im Kopf dieses Mannes oder eines anderen Aggressors nicht die Oberhand gewinnt.

Putin ist ehrlich, was seine Ziele, Aktionen und Vorgaben angeht. Seine Antwort auf die Dauer des Krieges ist immer Krieg, ohne Ende. Seine Antwort auf das Chaos in der Welt ist die nicht enden wollende Unterstützung von Terrorgruppen. Seine Antwort auf den Ruf nach Frieden ist die Beschaffung von mehr Waffen aus Nordkorea und dem Iran. Regime wie das von Putin existieren so lange, wie sie Kriege führen.

Wir in der freien Welt existieren so lange, wie wir uns selbst verteidigen können. Wer glaubt, es ginge hier nur um die Ukraine, der irrt. Mögliche russische Aggressionen, die über die Ukraine hinausgehen, werden immer deutlicher, und auch der Zeitplan wird immer klarer. Lassen Sie mich fragen: Welche europäische Nation kann heute eine kampfbereite Armee aufstellen, die der unseren ebenbürtig ist und Russland zurückhält? Und wie viele Männer und Frauen sind Ihre Nationen bereit, zur Verteidigung eines anderen Staates oder einer anderen Nation zu entsenden? Wenn man in den kommenden Jahren gemeinsam gegen Putin kämpfen muss, ist es dann nicht besser, ihm und seiner Kriegsstrategie jetzt ein Ende zu setzen, während unsere tapferen Männer und Frauen dies bereits tun? Sie sind die Chance für die Welt. In jeder schlimmen Konfrontation gibt es immer einen Punkt, an dem eine Katastrophe abgewendet werden kann. Die Ukraine stellt diese Möglichkeit dar. Wir alle in der freien Welt müssen unerschütterlich unsere Wünsche, Handlungen und Ziele verfolgen, so wie Putin offen über seine unheilvollen Ambitionen spricht.

Vor der gross angelegten Invasion hörten wir ständig: «Eskaliert nicht!» Wir forderten proaktives Handeln und Sanktionen, um die Ausweitung des Krieges zu verhindern. Uns wurde gesagt: «Eskaliert nicht!».

Und nach dem 24. Februar hat nichts unseren Koalitionen mehr geschadet als dieses «Nicht eskalieren»-Konzept. Jedes «Nicht eskalieren» klang für uns wie «Ihr werdet siegen» für Putin. Wir forderten neue Waffentypen an, und die Antwort lautete «keine Eskalation». Aber als die Waffen eintrafen, gab es keine Eskalation. Eine russische Rakete schlug auf NATO-Territorium ein, und die Antwort lautete wieder einmal: «Keine Eskalation». Ein Vergeltungsschlag zu diesem Zeitpunkt hätte Russland jedoch eine Menge lehren und dem Westen das nötige Vertrauen geben können. Wir haben darüber gesprochen, den Transit sanktionierter Waren nach Kaliningrad zu blockieren, aber die Antwort war: «Eskalieren Sie nicht.» Die volle Härte der Sanktionen hätte Putin zu Zugeständnissen zwingen können.

Wir haben Zeit verloren, weil uns gesagt wurde, dass wir nicht eskalieren sollen. Viele unserer erfahrensten Kämpfer, die seit 2014 gekämpft hatten, verloren ihr Leben. Einige Chancen wurden vertan.

Die Lektion ist klar. Alle glaubten, Russland habe Raketen, die nicht abgeschossen werden können. Die Patriots schiessen alles ab.

Viele befürchteten, was passieren würde, wenn die Ukraine Langstreckenwaffen bekäme. Infolgedessen verliert Russland einfach mehr. Wir haben gehört, dass Russland niemals einen Getreidekorridor ohne seine Beteiligung zulassen würde. Aber fast 16 Millionen Tonnen Fracht wurden von unseren Häfen aus transportiert. Und wir können zeigen, dass Russland den vollständigen Verlust seiner Schwarzmeerflotte, die Handelsschiffe terrorisierte, akzeptieren wird.

Erst vor zwei Tagen haben wir bewiesen, dass die Ukraine sogar sehr wertvolle russische Militärflugzeuge treffen kann, die noch niemand abgeschossen hat. Wir müssen die Luftüberlegenheit für die Ukraine gewinnen, so wie wir es im Schwarzen Meer getan haben. Die Partner wissen, was es dafür braucht. Das wird Fortschritte vor Ort ermöglichen.

Viele Sanktionsmassnahmen wurden monatelang, ja sogar jahrelang hinausgezögert, weil sie von Moskau mit Drohungen überhäuft wurden. Aber keine dieser Drohungen wurde wahr. Jeder Sturm entpuppte sich als Bluff.

Und wie kann man mit den Sanktionen gegen Russland oder den Exportkontrollen zufrieden sein, wenn sie nicht einmal die Raketenproduktion des Landes blockieren? In jeder russischen Rakete befinden sich wichtige Komponenten aus westlichen Ländern. Dutzende von ihnen in jeder Rakete. Ich bin dankbar für jedes Paket von Sanktionen. Aber die Annäherung an den Frieden wird eine Belohnung für all diejenigen sein, die dafür sorgen, dass die Sanktionen zu 100 Prozent greifen.

Übrigens ist es eine klare Schwäche des Westens, dass die russische Atomindustrie noch immer nicht mit weltweiten Sanktionen belegt ist, obwohl Putin der einzige Terrorist der Welt ist, der ein Atomkraftwerk als Geisel genommen hat.

Im Jahr 2024 muss das eingefrorene russische Vermögen – staatliches und oligarchisches – für die Verteidigung gegen den russischen Krieg und den Wiederaufbau der Ukraine verwendet werden. Putin liebt Geld über alles. Je mehr Milliarden er und seine Oligarchen, Freunde und Komplizen verlieren, desto eher wird er es bereuen, diesen Krieg begonnen zu haben.

Putin muss derjenige sein, der zu bedauern ist. Derjenige, der verliert. Wir müssen endlich mit der Vorstellung aufräumen, dass die globale Einheit schwächer ist als der Hass eines einzelnen Mannes. Und wir können es schaffen.

Dieses Jahr muss entscheidend sein. Kann das Einfrieren des Krieges in der Ukraine sein Ende sein? Ich möchte mich nicht mit der Binsenweisheit abfinden, dass jeder eingefrorene Konflikt irgendwann wieder aufflammen wird. Ich kann nur daran erinnern, dass es nach 2014 Versuche gab, den Krieg im Donbas einzufrieren. Es gab sehr einflussreiche Garanten – die damalige Bundeskanzlerin von Deutschland und die damaligen Präsidenten von Frankreich. Aber Putin ist ein Raubtier, das sich nicht mit eingefrorenen Produkten zufriedengibt.

Wir haben bewiesen, dass wir ihn zu Lande, zu Wasser und in der Luft schlagen können. Wir fahren die Waffenproduktion hoch. Trotz des Krieges ist das BIP der Ukraine im letzten Jahr um 5 % gewachsen. Wir haben EU-Beitrittsgespräche aufgenommen.

Aggressionen können zurückgeschlagen werden, auch die von Putin, die seit 10 Jahren oder mehr andauern.

Jetzt können wir sagen: «Eskalieren Sie nicht», vor allem nicht zu denen, die zweifeln oder die Unterstützung reduzieren wollen. Das wird die richtige Warnung sein. Denn jede Verringerung des Drucks auf den Aggressor verlängert den Krieg um Jahre. Aber jede Investition in das Vertrauen des Verteidigers verkürzt den Krieg.

Wir müssen dafür sorgen, dass der Krieg in einem gerechten und stabilen Frieden endet.

Ich möchte, dass Sie Teil dieses Friedens sind, und zwar von jetzt an, um ihn näher zu bringen.

Wir brauchen Sie in der Ukraine – zum Aufbau, zum Wiederaufbau und zur Wiederherstellung des Lebens. Jeder von Ihnen kann mit der Ukraine noch erfolgreicher sein.

In diesen Tagen haben wir in der Schweiz einen wichtigen politischen Beitrag zu einer möglichen Beendigung des Krieges geleistet. Wir haben das bisher repräsentativste Treffen der nationalen Sicherheitsberater in der Friedensformel abgehalten. Über 80 Länder und internationale Institutionen nahmen daran teil.

Gestern hatte ich sehr produktive Verhandlungen mit dem Schweizer Bundespräsidenten über die Abhaltung eines Gipfeltreffens der Staats- und Regierungschefs in der Schweiz, des Global Peace Summit. Heute haben unsere Teams bereits mit den Vorbereitungen begonnen.

Nicht der Dritte Weltkrieg, sondern der Weltfriedensgipfel.

Ich lade alle Staatsoberhäupter und Länder, die den Frieden und das Völkerrecht achten, ein, sich uns anzuschließen.

Gemeinsam können wir alle entscheidenden Fragen beantworten. Und das werden die besten Antworten sein. Frieden muss die Antwort sein.

PUTINS ABSURDE REDE IN MOSKAU

Isoliert von der Welt sprach Putin umrahmt von Funktionären via TV zu seinem Volk. Seine wesentlichen Aussagen zur Ukraine: Es ist unmöglich, die Russen zu besiegen; Niemand hat je in die Unabhängigkeit der Ukraine eingegriffen; Ukrainer, die sich der NATO zuwandten, haben ihre Vorfahren verraten; Verräter gewinnen auf lange Sicht nie; Zelenskyj Friedensformel bestehe vor allem aus Verboten; Wenn es so weiter geht, wie bisher, könne der ukrainische Staat unwiederbringlichen Schaden erleiden. https://t.me/insiderUKR/68144

Während seiner Rede an sein Volk sagte Putin: «Jene, die unser Heimatland verlassen haben, haben den immer grösser werdenden Wunsch zurückzukehren. Es ist wirklich schwierig, Kinder zu erziehen unter den Umständen, die in einigen westlichen Ländern herrschen. Verzeihung, aber die gemeinsame Toilette für Jungen und Mädchen oder etwas Ähnliches ist alltäglich geworden, und diejenigen, die aus verschiedenen Gründen weggegangen sind, gehen bereits zurück oder denken darüber nach, zurückzugehen. Es ist sehr schwierig für Menschen mit traditionellen, normalen, menschlichen Werten, so zu leben. Und wir tun alles, was wir können, um diese Werte zu retten. Um diesen kulturellen Code der Menschen in unserem Land zu retten.» (Ungekürzte Übersetzung dieses Videos: https://twitter.com/i/status/1747319724726239315)

UKRAINE SCHÜTZT US-SOLDATEN

Mehr Geld aus den USA für die Ukraine würde möglicherweise eine direkte Konfrontation zwischen der NATO und Russland verhindern, bei der amerikanische Truppen zum Eingreifen gezwungen wären. Das sagte der ukrainische Aussenminister Dmitri Kuleba in einem Interview mit dem amerikanischen Sender «ABC». Kuleba: «Was auch immer der Preis für die Unterstützung der Ukraine jetzt ist, der Preis für die Behebung des Chaos in der Welt, wenn die Ukraine verliert, wird viel, viel höher sein». Kuleba warnte die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten auch vor der Art von Signal, das ein russischer Sieg in der Ukraine an andere Gegner senden würde. «Wenn der Westen nicht in der Lage ist, Russland in der Ukraine zu stoppen, wen kann er dann in anderen Teilen der Welt stoppen?» fragte Kuleba. Und zum Kampfwillen der Ukraine sagte er: «Selbst wenn uns die Waffen ausgehen, werden wir mit Schaufeln kämpfen, denn was für die Ukraine auf dem Spiel steht, ist die Existenz dieses Landes.»

https://abcnews.go.com/International/ukraines-foreign-minister-warns-time-running-pass-funding/story?id=106362605

INT. DROHNEN-ALLIANZ

Lettland ist am Bilden einer internationalen Allianz von Ländern, welche die Ukraine mit «tausenden von Drohnen» versorgen werden. Bisher seien fast 20 Länder dieser Allianz beigetreten. Das sagte der lettische Verteidigungsminister Andris Spruds. Er betonte, dass diese Waffen dem ukrainischen Militär im Krieg helfen, in dem Drohnen zu einem wichtigen Element der Kampfeinsätze geworden sind.

Die Äusserungen von Verteidigungsminister Spruds sind der erste Hinweis auf das Ausmass der Drohneninitiative, nachdem der Plan bei einem Treffen mit dem ukrainischen Verteidigungsminister Rustem Umerow im Dezember vorgestellt worden war. Ein neues Inventar wird dem Kiewer Militär in einem Konflikt helfen, in dem die Drohnenkriegsführung zu einem wichtigen Element der Kämpfe geworden ist, sagte er. https://www.bloomberg.com/news/articles/2024-01-16/ukraine-to-receive-thousands-of-drones-as-latvia-coaxes-allies

SUCHE NACH OPFERN UNTERBROCHEN

Gestern griffen russische Truppen mit einer Rakete und zwei gelenkten Fliegerbomben ein Wohnhaus in der Stadt New York in der ukrainischen Region Donezk an. Dabei stürzte ein ganzer Bereich des 3-stöckigen Hauses ein. Unter den Trümmern werden weiterhin 5 Personen vermutet. Sobald das Trümmerfeld stabilisiert ist, werden die Rettungsarbeiten wieder aufgenommen, teilte die regionale Polizei mit. https://t.me/suspilnedonbas/18775

INFOS ZU DEN KOMMANDO-FLUGZEUGEN

Die vor zwei Tagen abgeschossenen Kommando-Flugzeuge der russischen Armee sind eine tragende Säule des Überfalls auf die Ukraine. https://aldrovandi.net/2024/01/15/ukraine-aktuell-nr-691-15-1-24-21uhr/

Die zerstörte A-50U heisst «Sergei Atayants» und war seit Frühling 2022 in den Krieg verwickelt. Am Anfang flog die fliegende Info-Zentrale über Belarus und lieferte Daten für die Bodentruppen.

Über die stark beschädigte Kommando-Zentrale IL-22 sind keine Detailinformationen und auch nicht die Immatrikulations-Nummer bekannt. Auch das Schicksal der an Bord befindlichen Spezialisten für Raketen und Bodenangriffe ist nicht klar. Einige russische Quellen sagen, dass diese tot seien, andere, dass die Leute überlebt haben.

Nach verfügbaren Bildern konnte das Flugzeug auf dem russischen Flugplatz Anapa notlanden, ist aber irreparabel beschädigt.

Es ist die zweite IL-22, welche während des Krieges gegen die Ukraine kaputt ging. Die erste IL-22 wurde während des kurzen Aufstandes der Wagner-Söldner im Juli 2022 von Wagner Söldnern abgeschossen.

Ein Dossier vielen Detailinformationen gibt es hier: https://mil.in.ua/uk/articles/a-50-ta-a-50u-vtracheni-ochi-rosijskyh-povitryano-kosmichnyh-syl/

EVAKUIERUNG AUS AVDIIVKA

500 Meter von den Kämpfen um die ostukrainische Stadt Avdiivka entfernt, wohnen immer noch Zivilisten. 5 dieser Überlebenden wurden heute durch die Mitarbeiter der «White Angels» gerettet und in ein sicheres Gebiet gebracht. Es handelte sich um eine ältere Frau mit einem Kätzchen, deren Haus niederbrannte, ein Paar, das einen Luftangriff überlebte, und zwei Verletzte. https://t.me/operativnoZSU/132353

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