- Umstrittene Mobilisierung in der Ukraine
- Kyrill I. raubt ukrainischen Kirchenschatz
- Ununterbrochene Bergungsarbeiten
MOBILISIERUNG POLARISIERT
Vom Westen kaum wahrgenommen wurde bisher, dass die ukrainische Gesellschaft in einer heiklen Phase ist und sich zu spalten droht. Das umstrittene Thema ist die geplante Mobilisierung zur Verstärkung der Verteidigungsarmee.
Tymofiy Mylovanov, Wirtschaftsminister der Ukraine von 2019 bis 2020 und heute Präsident der «Kyiv School of Economics», schreibt dazu den folgenden Text:
Die Mobilisierung ist das Thema Nr. 1 in der Ukraine. Die Auswirkungen sind enorm: Entweder werden sich die Ukrainer noch mehr vereinigen oder es wird zu einer Spaltung kommen. Die Armee hat um 400-500’000 neue Rekruten gebeten. Der Grund: Viele Menschen, die zu Beginn der Invasion mobilisiert wurden, haben ununterbrochen gedient, aber sie brauchen eine Pause, zumindest eine Rotation. Es gibt auch Verluste – Gefallene und Verwundete, aber sie sind viel geringer als die des russischen Militärs und auch als die Zahlen, die allgemein von der Öffentlichkeit angenommen werden.
Der Antrag des Militärs auf die Mobilisierung weiterer 400-500’000 hat Präsident Zelenskyj in einer Pressekonferenz Ende Dezember bekannt gegeben. Zusätzlich zu den Pressekonferenzen von Zelenskyj und Armeechef Zaluzhnyi veröffentlichten die ukrainischen Medien eine Idee, wie ein Entwurf aussehen könnte, und lösten damit einen Sturm in den sozialen Medien aus.
Die Idee wird der Regierung zugeschrieben, aber niemand hat sie offiziell zugegeben. Sie besagt, dass die Regierung jeden, der für die Armee benötigt wird, mobilisieren wird, aber Unternehmen und Personen, die einen hohen Wert liefern und Steuern zahlen, könnten im Schnellverfahren ausgenommen werden.
Es geht darum, die Bedürfnisse der Armee, der Wirtschaft und des Staatshaushalts, der die Armee finanzieren muss, auszugleichen. Im Jargon der Ökonomen besteht das Problem also in der Aufteilung der Arbeitskräfte auf die Armee und die zivile Wirtschaft. Es gibt auch ein zusätzliches Ziel: Anreize für Menschen und Unternehmen, Steuern zu zahlen und die Steuerhinterziehung zu minimieren. Diejenigen, die Steuern zahlen, werden also – bei ansonsten gleichen Bedingungen – seltener mobilisiert.
Dieser politische Vorschlag hat viele Menschen verärgert. Sie sagen, dass dies einer Diskriminierung der Armen gleichkommt – wer reich ist, wird nicht eingezogen, wer arm ist, schon.
Die Alternative – ein Losverfahren, das allen die gleichen Chancen einräumt – ist in der Diskussion ebenfalls nicht gut aufgenommen worden. Die Leute sagen, das sei zu willkürlich.
Die dritte Alternative – eine Erhöhung der Gehälter in der Armee, damit es Freiwillige gibt – wird von vielen befürwortet. So bleibt die Wahlfreiheit erhalten und das Problem wird gelöst. Die Kosten dafür scheinen jedoch für die Ukraine im Moment unerschwinglich zu sein, da die Wirtschaft bereits angeschlagen ist.
Diese Diskussion hat auch die Aufmerksamkeit auf zwei verwandte Themen gelenkt: die Effizienz der Zuteilung von Personen, die für das Militär rekrutiert wurden, zu bestimmten Positionen. Viele Menschen sind der Meinung, dass es viele Bereiche gibt, die verbessert werden können.
Das zweite Thema ist die Frage, ob ein Teil der Politiker, Regierungsbeamten und anderer sehr sichtbarer Personen ebenfalls mit Nachdruck mobilisiert werden sollte und ob ihre Mobilisierungsrate mindestens so hoch sein sollte wie die der allgemeinen Bevölkerung.
Einige Ökonomen haben errechnet, wie viele Jahre mehr Menschen mobilisiert werden könnten, bis die Wirtschaft unumkehrbar zusammenbricht. Es sind noch viele Wege zu gehen. Mehrere Mobilisierungswellen dieses Ausmaßes sind möglich. Die Ukraine kann ihr Militär verdoppeln oder verdreifachen, aber nicht verzehnfachen.
Aber all dies funktioniert nicht, wenn die ukrainische Wirtschaft nicht in guter Verfassung ist. Die finanzielle Unterstützung des Westens bleibt also ein entscheidendes Element für das Überleben und die Verteidigung der Ukraine. Und im Moment gibt es Fragen, wie solide diese Unterstützung ist.
Originaltext: https://twitter.com/Mylovanov/status/1743591507423088988
24 STUNDEN RETTUNGSARBEITEN
Seit dem gestrigen Terrorangriff Russlands auf Zivilisten im Bezirk Pokrovsk laufen die Bergungsarbeiten ohne Unterbruch. https://aldrovandi.net/2024/01/06/ukraine-aktuell-nr-682-6-1-24-23uhr/
Hier ein Ausschnitt aus dem Bericht des operativen Kommandos von heute Abend: «Seit mehr als einem Tag laufen Not- und Rettungseinsätze. Retter demontierten mehr als 100 Tonnen zerstörte Gebäudeteile an den Einschlagstellen. Die Polizei hat mehr als fünfzig Leichenfragmente entfernt, entnimmt biologische Proben und tut alles, um die Toten zu identifizieren. Um 17:00 Uhr wurden heute an den Einschlagsorten in der Stadt Pokrovsk und im Dorf die Leichen von drei Toten, darunter einem dreijährigen Kind, geborgen.» https://t.me/operativnoZSU/131075
JAPAN UNTERSTÜTZT UKRAINE
Heute besuchte die japanische Aussenministerin Yoko Kamikawa die Ukraine und traf mit dem ukrainischen Präsidenten zusammen. Anschliessend besuchte sie die Trauerstätten in Irpin und Bucha, wo die Russen massenhaft Kriegsverbrechen begangen haben.
Mit einem Betrag von 37 Millionen US-Dollar fördert Japan die Luftverteidigung der Ukraine. Das Geld wird in den Treuhandfond der NATO eingezahlt und soll in ein System zur Erkennung von bewaffneten Drohnen eingesetzt werde. https://t.me/The3rdForceUA/22240
KANADA ÜBERGAB 1’000 «SENATORS»
Die von Kanada gelieferten gepanzerten Fahrzeuge «Senator» haben eine erhöhte Widerstandsfähigkeit gegen Schüsse von Kleinwaffen und können modifiziert werden. Den Senator gibt es in der Variante als Personentransporter oder als Anti-Minen-Fahrzeug mit verstärktem Boden. Der Kauf dieser Maschinen wird über Kanada und die USA bezahlt.
PUTIN TRIFFT HINTERBLIEBENE
Zum orthodoxen Weihnachtstag traf Putin sich mit drei Familien von Armeeangehörigen, die während des Kriegs von Russland gegen die Ukraine gefallen waren. Er versprach, dass «wir immer an Ihrer Seite sein werden».
Den Familien der gefallenen Militärs zeigte er eine Ikone, die er von einer Reise aus den USA mitgebracht habe.
Das Treffen fand in der Hauskirche der Residenz Novo-Ogarevo von Putin in der Nähe von Moskau statt. https://t.me/tass_agency/225480
KYRILL RAUBT KIRCHENSCHATZ
Der Moskauer Patriarch Kyrill I. macht auf kirchlicher Ebene dasselbe, was seinem Freund Putin militärisch auf der Krim und im Donezk vorübergehend gelungen ist. Unter Führung des russischen Zentrums werden die ukrainischen Besitztümer der Ukrainischen Orthodoxen Kirche – Moskauer Richtung (UOC – MP) enteignet. Die neueste Beschlagnahmung betrifft Skadowsk an der Schwarzmeerküste. Zuvor hatte Kyrills Bande die Besitztümer der UOC-MP in den eroberten Territorien der Regionen Luhansk und Saporischschja geschluckt.
Kyrill behauptet, dass die Gläubigen der UOC-MP um «ihre Eingliederung» gebeten hätten. Er übernimmt damit dasselbe Narrativ wie Putin, der vergleichbares von den russischsprachigen Menschen im Donezk behauptet.
Zu Beginn der russischen Invasion im Februar 2022 und in den Folgemonaten hatte Kyrill noch die «Autonomie» der UOC-MP betont und Aktionen der ukrainischen Justiz gegen Kollaborateure der UOC-MP als «Verletzung der Glaubensfreiheit» kritisiert. Heute wandelt die orthodoxe Kirche Russland auf demselben Weg wie damals unter Stalin als verlängerter Arm des Staates, schreibt die «Tagespost» («Klarer Kurs, katholischer Journalismus»). https://www.die-tagespost.de/politik/patriarch-kyrill-auf-expansionskurs-art-246427