Ukraine Aktuell Nr. 581 (27.9.23/21Uhr)

12 MONATE EXTRA-STRAFE FÜR NAVALNY

Gestern hat das russische Berufungsgericht – welches im Zuchthaus tagte – eine Revision des Urteils gegen Alexander Navalny abgelehnt. Das Urteil gegen den russischen Oppositionspolitiker, Kritiker von Putin und Aufdecker von Korruption lautet somit definitiv auf weitere 19 Jahre Aufenthalt in einer Strafkolonie.

Unmittelbar nach dem Urteil wurde Navalny für die kommenden 12 Monate in eine Einzelzelleneinrichtung (EPKT) verlegt. Dies gilt als härteste Strafe im brutalen Strafkolonie-System. Dort gilt unter anderem Sprechverbot und in deren Beton-Zellen gibt es keine Sitzgelegenheit während des Tages.

Auf unbekanntem Weg schaffte der 47-jährige Navalny die Veröffentlichung dieser Sätze auf seinem Telegram-Kanal:

«Ich habe also einen neuen Schriftzug in meiner Akte. Ein Jahr EPKT ist in Kolonien aller Art die höchstmögliche Strafe. Ich fühle mich wie ein müder Rockstar am Rande einer Depression. Die Spitze der Charts ist erreicht und es gibt nichts mehr, wonach man streben kann. Andererseits bin ich es gewesen, der nicht nach oben geflogen ist, sondern nach unten gefallen ist. Und da können sie bekanntlich immer von unten klopfen 😉» https://t.me/navalny/3496

SÜDFRONT-LÜCKE WIRD BREITER

Die Lücke in der russischen Verteidigung im Süden der Ukraine wird breiter und tiefer (blauer Kreis auf der Karte). Die Karte des «Institut for the study of wars» (ISW) basiert auf geolokalisierten Videoaufnahmen von der Front.

Sie belegen, dass die Ukrainer nahe der Orte Verbove und Novoprokopivka sind und weiter voranschreiten. Die Analysten stellen fest, dass die Truppenteile, welche die Linie bisher verteidigt haben, stark dezimiert wurden und nun neue Einheiten (das 70. und 71. motorisierten Schützenregiment) hier gegen die Ukrainer in Stellung gebracht werden.

Nach Angaben des ISW habe sich auch eine russische Einheit (die 42. Motorisierte Schützendivision) in Richtung Tokmak zurückgezogen.

Das ISW mutmasst, dass die Verteidigungsschichten der Russen zwischen der aktuellen Front und Tokmak nicht sehr stark besetzt sind: «Dass Elemente der 42. motorisierten Schützendivision ebenfalls bereits in Tokmak stationiert sind, deutet darauf hin, dass das russische Kommando die mehrstufige Verteidigung im Süden der Ukraine nicht in der Tiefe besetzt hat.» https://twitter.com/TheStudyofWar/status/1706859306145005682

Der ukrainische Generalstab schreibt heute Abend: «Die operative Lage im Osten und Süden der Ukraine ist weiterhin schwierig» und zu Lage im Teilbereich der südlichen Front: «Die ukrainischen Verteidigungskräfte setzen ihre Offensivoperationen auf der Melitopol-Achse fort, wobei sie den Besatzungstruppen Verluste an Personal und Ausrüstung zufügen und den Feind auf der gesamten Frontlinie erschöpfen.» https://www.facebook.com/GeneralStaff.ua/posts/pfbid02xRcCDccAVQU96u28qaFCYHnFXvXe7o4PBx2628LMxSe42j22mh91WajXpgbs8Zvwl

SCHWEIGE-KARTELL IM KREML

Die Plattform «New Voice», welche immer wieder exklusive Informationen vom ukrainischen Geheimdienst hat, schreibt: «Aus Geheimdienstberichten ukrainischer Spezialdienste geht hervor, dass die Untergebenen Angst haben, dem Kremlchef schlechte Nachrichten zu überbringen, wodurch Putins Einschätzung der Fähigkeiten der Besatzungsarmee verfälscht wird.»

Ein Mitarbeiter des ukrainischen Geheimdienstes sagte New Voice: «Nach einer Reihe von Strafverfahren, die der Kreml gegen hochrangige russische Beamte eingeleitet hat, versuchen die Personen, die Putin über den Verlauf des Krieges unterrichten, jede negative Nachricht zu diesem Thema zu vermeiden. Auf dieser Grundlage hat sich ein informeller Konsens des Schweigens herausgebildet.»

und:

«Putin weiss nicht, was wirklich vor sich geht, insbesondere auf dem Schlachtfeld. Das ist sowohl gut als auch schlecht für uns», so die Quelle. Und er fügte hinzu: «Die Ukraine hat Informationen, dass Putin seine militärische Niederlage niemals eingestehen wird und versuchen wird, den Krieg so lange wie möglich aufrechtzuerhalten.» https://nv.ua/ukr/world/geopolitics/putin-vtrativ-kontrol-kreml-prihovuye-chastinu-informaciji-pro-viynu-vid-diktatora-ostanni-novini-50356507.html

WAGNER-SÖLDNER AN DER FRONT

Wie hier vor 3 Tagen gemeldet («Ukraine Aktuell» Nr. 578, https://aldrovandi.net/2023/09/24/ukraine-aktuell-nr-578-24-9-23-22uhr) kehren Söldner der Firma «Wagner PMC» an die ukrainische Front zurück. Von den 8’000 Söldner, die in Belarus stationiert waren, sind etwa 500 in der Ukraine aktiv.

Der Sprecher der Ostgruppe der ukrainischen Streitkräfte, Illia Yevlash, betonte, dass die Wagner-Kämpfer seit dem Tod ihres Anführers Jewgeni Prigoschin keine «erhebliche Bedrohung» mehr darstellen. https://t.me/KyivIndependent_official/24040

«Sie nehmen unterschiedliche Positionen ein: Jemand ist Ausbilder, jemand ist ein einfacher Soldat. Das heisst, sie sind in verschiedene Divisionen verstreut und nehmen an Schlachten im Osten der Ukraine teil», bemerkte Yevlash. https://t.me/c/1394092619/55398

KEINE RUSSISCHE OFFENSIVE

Die russische Armee hat Anfang September eine neue Einheit gebildet und sie als 25. Combined Arms Army/ / 25.CAA bezeichnet. («Putins Reserve-Armee»: https://aldrovandi.net/2023/09/02/ukraine-aktuell-nr-556-2-9-93-21uhr  )

Der britische Geheimdienst hat die Einsätze dieser Armee beobachtet. Teile dieser Armee-Einheit wurden an der Front im Osten der Ukraine eingesetzt und andere Teile halfen bei anderen Schwachstellen der russischen Armee.

Der Geheimdienst prognostiziert: «Da die 25. CAA offenbar stückweise zur Verstärkung der überlasteten Linie eingesetzt werden, ist eine konzertierte neue russische Offensive in den kommenden Wochen weniger wahrscheinlich.» https://twitter.com/DefenceHQ/status/1706904006348431629

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SCHIESS-STÄNDE AM STRAND

Die Strände beim Ort Jewpatoria auf der besetzten Krim sind bei russischen Touristen sehr beliebt. Doch bei ihrem Vergnügen werden sie daran erinnert, dass der Krieg in der Ukraine auch die Krim betrifft: Die russische Armee hat unmittelbar am Strand Verteidigungsstellungen aufgebaut.

Die Partisanen der Organisation ATESH, die auf der Krim aktiv sind, haben Aufnahmen dieser Halb-Bunker (Foto) erstellt und auf den sozialen Netzwerken veröffentlicht. https://t.me/c/1524130538/26943

SCHWEINEKÖPFE FÜR PROPAGANDISTEN

Drei russische Propagandisten beklagten sich über Aktionen, deren Opfer sie in den letzten Tagen wurden. Ihnen seien abgetrennte Köpfe von toten Schweinen vor das Haus, respektive die Wohnung gelegt worden. Bei den Klagenden handelt es sich um Timofiy Sergeitsev, der für die Propaganda-Agentur RAI-Novosti schreibt, den Fotografen Mykhailo Tereshchenko von TASS und den «Militärexperten» Kostiantyn Siwkow. https://t.me/nvua_official/62955

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