SPRENGSTOFF IM AKW INSTALLIERT
Bei vier der sechs Kraftwerksblöcke des AKW Saporischja wurde Sprengstoff platziert. Dies taten russische Truppen, sagt Kyrylo Budanov, Chef des ukrainischen militärischen Geheimdienstes.
«Der Plan für einen terroristischen Angriff auf das Atomkraftwerk ZNPP ist vollständig ausgearbeitet und genehmigt worden. Um die Katastrophe zu beschleunigen, können sie technische Mittel einsetzen.»
Auslöser für einen «Terrorangriff unter falscher Flagge» könnte die Niederlage der russischen Besatzungstruppen am linken Ufer des Dnjepr sein.
Ein Angriff mit radioaktiver Verstrahlung könnte auch eine Massnahme sein, um den Vorstoss der ukrainischen Verteidiger zu stoppen und die «Front einzufrieren».
Der Geheimdienstchef ist überzeugt: «Die Situation um das KKW Saporischschja war noch nie so ernst wie jetzt.» https://twitter.com/anno1540/status/1673000617004900352
«BEDROHUNG FÜR PUTIN»
Der amerikanische Aussenminister Antony Blinken sagte in der CBS-Sendung «Face the Nation», dass die unmittelbare Bedrohung durch einen Putsch der Wagner-Miliz zwar abgeklungen sei, die Bedrohung der Führung des russischen Präsidenten Wladimir Putin aber noch nicht vorbei sei.
«Dies ist eine sich entwickelnde Geschichte. Wir haben noch nicht den letzten Akt gesehen. Wir beobachten das sehr genau.»
Etwas später sagte Blinken in der NBC-Sendung «Meet the Press»:
«Vor sechzehn Monaten standen die russischen Streitkräfte vor den Toren Kiews in der Ukraine und dachten, sie könnten die Stadt in wenigen Tagen einnehmen und die Ukraine als unabhängiges Land von der Landkarte streichen. Jetzt, an diesem Wochenende, mussten sie Moskau, Russlands Hauptstadt, gegen Söldner verteidigen, die Putin selbst geschaffen hat.» Dieser «kurze Schreck» stelle für Putin einen bedeutenden Verlust seiner Macht dar. https://www.thedailybeast.com
UNO GENERALSEKRETÄR BESORGT
UN-Generalsekretär Antonio Guterres reagiert erstmals auf die «Rebellion» in Russland – fordert «Rechenschaft und Deeskalation»: «Der Generalsekretär verfolgt die Ereignisse in Russland mit Sorge. Er ist sich der jüngsten Berichte über Schritte zur Deeskalation der Spannungen bewusst. Und er ruft alle betroffenen Parteien auf, weiterhin verantwortungsvoll zu handeln, um weitere Spannungen zu vermeiden», heisst es in der Erklärung. https://t.me/c/1394092619/50335
DISKUSSION UM PRIGOSCHIN
Im Nachgang zur 24 Stunden Meuterei der Wagner-Söldner melden sich verschiedene Stimmen: Politiker, Analysten und Journalisten. Hier vier kurze Texte.
1. Wie Prigoschin verhandelte
2. Warum Prigoschin nicht Mussolini ist
3. Wie sich Putin gegen Prigoschin durchsetzte
4. Was der oberste Militärpolitiker des russischen Parlaments sagt
DIE VERHANDLUNGEN MIT PUTIN
Die oppositionelle russische Medienplattform Meduza zitiert Kreml nahe Quellen, welche die Meuterei verhandlungstechnisch begleitet haben: «Die militärische Führung, Beamte der Präsidialverwaltung, die Führung von Rosgvardia (Nationalgarde) und ihm nahestehende Beamte versuchten, mit ihm zu kommunizieren.
Aber seine Aktionen waren so, dass nicht klar war, worüber überhaupt verhandelt werden sollte. Auch die Forderungen waren vage und seltsam: Schoigu abzusetzen, sich aus den Geschäften Wagners herauszuhalten, mehr zu finanzieren.»
Meduzas Quellen, die der Präsidialverwaltung nahestehen, berichten jedoch, dass Prigoschin um die Mittagszeit des 24. Juni versuchte, den Kreml selbst zu erreichen – und Berichten zufolge «sogar versuchte, Putin anzurufen, aber der Präsident wollte nicht mit ihm sprechen».
Laut den Meduza-Quellen, die dem Kreml und der russischen Regierung nahe stehen, ist es wahrscheinlich, dass Prigozhin erkannte, dass er «das Mass überschritten» hatte und dass «die Aussichten für die Bewegung seiner Kolonnen unklar sind». Zu diesem Zeitpunkt befanden sich die Söldner bereits nicht mehr weit vom Fluss Oka entfernt – dort hatten die russische Armee und die Rosgwardija beschlossen, die erste Verteidigungslinie gegen die Wagneristen aufzubauen. https://meduza.io/feature/2023/06/25/putina-ne-bylo-nigde
VERGLEICH PRIGOSCHIN – MUSSOLINI
Anastasia Dayna stellt auf der Medienplattform ZN.UA einen Vergleich zwischen dem Marsch auf Rom des italienischen Faschisten Benito Mussolini und Prigoschins Meuterei gegen Putin her:
«Die populistische Rhetorik eines «Marsches für die Gerechtigkeit» zur «Rettung Russlands», die Prigoschin den Abonnenten seines Telegram-Kanals entgegenschleuderte, erinnert an Mussolinis Appelle an die Veteranen des Ersten Weltkriegs in Italien: Diejenigen, die in den Schützengräben waren, so sagte er ihnen, hätten das Recht verdient, Italien zu führen, indem sie die korrupte Elite ablösten.
Aber die Unterstützung der Bevölkerung für Chef Wagner in Russland ist zweifelhaft. Russische Ultranationalisten verachten ihn, nicht zuletzt weil er Jude ist; sie haben ihm wegen seines Restaurantbetriebs den Spitznamen «der Koch» gegeben. Es gibt keine Anzeichen dafür, dass er bei den einfachen Russen beliebt sein könnte – sein Ruf ist eher der eines exzentrischen Schwätzers oder kriminellen Abenteurers als der eines Helden; mit seiner rauen Stimme und seinem eigentümlich blutrünstigen Sinn für Humor ist er weit entfernt von der Art Redner, die Mussolini war.
Putins Glaubwürdigkeit wurde durch die schlampige Durchführung der Invasion in der Ukraine untergraben, aber er ist weder Luigi Facta, der italienische Ministerpräsident, der sich bei der Machtergreifung gegen Mussolini nicht behaupten konnte, noch König Viktor Emanuel III, der die Machtergreifung eines faschistischen Führers zuliess.
Mit anderen Worten: Prigoschin hat wenig Grund, einen Triumph à la Mussolini zu erwarten, obwohl seine erfahrene Kampftruppe, die Städte in Angst und Schrecken versetzen kann,
WARUM PRIGOSCHIN AUFGAB
Tatiana Stanovaya vom «Carnegie Russia Eurasia Center» und Mitglied des französischen «Observatoire» schreibt zur 24 Stunden Meuterei von Prigoschin und den von ihm angeführten Söldnern:
«Uns als Beobachtern sind anfangs wichtige Details entgangen, weil es kaum Informationen gab und die Zeit für eine gründliche Analyse fehlte. Hier ist die Perspektive, die derzeit am plausibelsten erscheint:
1. Prigoschins Rebellion war kein Streben nach Macht oder ein Versuch, den Kreml zu stürzen. Er entstand aus einem Gefühl der Verzweiflung: Prigoschin wurde aus der Ukraine vertrieben und sah sich ausserstande, Wagner so zu unterstützen wie zuvor, während sich der Staatsapparat gegen ihn wandte. Zu allem Überfluss ignorierte Putin ihn und unterstützte öffentlich seine gefährlichsten Widersacher.
2. Prigoschins Ziel war es, Putins Aufmerksamkeit zu erregen und eine Diskussion über die Bedingungen für den Erhalt seiner Aktivitäten zu erzwingen – eine definierte Rolle, Sicherheit und Finanzierung. Es handelte sich dabei nicht um Forderungen nach einem Regierungssturz, sondern um einen Versuch, das Unternehmen zu retten, in der Hoffnung, dass Prigoschins Verdienste um die Übernahme von Bakhmut berücksichtigt würden. Jetzt sieht es so aus, als hätten diese Verdienste Prigozhin geholfen, lebend aus dieser Krise herauszukommen, allerdings ohne eine politische Zukunft in Russland (zumindest solange Putin an der Macht ist).
3. Prigoschin wurde von Putins Reaktion überrumpelt und war nicht darauf vorbereitet, die Rolle eines Revolutionärs zu übernehmen. Er war auch nicht darauf vorbereitet, dass Wagner im Begriff war, Moskau zu erreichen, wo ihm nur noch die Möglichkeit blieb, «den Kreml einzunehmen» – eine Aktion, die unweigerlich dazu führen würde, dass er und seine Kämpfer ausgelöscht würden.
4. Diejenigen unter den Eliten, die dazu in der Lage waren, unterbreiteten Prigoschin das Angebot, sich zu ergeben. Dies trug wahrscheinlich zu seinem Gefühl des bevorstehenden Untergangs bei. Ich glaube jedoch nicht, dass Verhandlungen auf hoher Ebene stattgefunden haben. Lukaschenko unterbreitete Prigoschin ein von Putin befürwortetes Angebot zum Rückzug unter der Bedingung, dass Prigoschin Russland verlässt und Wagner aufgelöst wird.
5. Ich glaube nicht, dass Prigoschin in der Lage war, Forderungen zu stellen (wie den Rücktritt von Schoigu oder Gerasimow – was viele Beobachter erwarteten). Wenn das geschieht, dann aus einem anderen Grund). Nach Putins Rede am Morgen des 24. Juni ging es Prigoschin in erster Linie darum, einen Ausweg zu finden. Die Situation hätte in nur wenigen Stunden zum unvermeidlichen Tod geführt. Möglicherweise hat Putin ihm Sicherheit unter der Bedingung versprochen, dass Prigoschin ruhig in Belarus bleibt.
Ich bleibe bei meiner früheren Behauptung, dass Putin und dem Staat ein schwerer Schlag versetzt wurde, der erhebliche Auswirkungen auf das Regime haben wird. Ich möchte jedoch betonen, dass das Image für Putin immer eine zweitrangige Rolle gespielt hat. Abgesehen von der Optik hat Putin das Wagner- und Prigoschin-Problem objektiv gelöst, indem er den ersteren auflöste und den letzteren ausschloss. Die Situation wäre weitaus schlimmer gewesen, wenn sie in einem blutigen Chaos am Stadtrand von Moskau geendet hätte.
Und nein, Putin braucht weder Wagner noch Prigoschin. Er kann mit seinen eigenen Kräften auskommen. Davon ist er inzwischen sicher überzeugt. https://twitter.com/Stanovaya/status/1672991911538196482
SÖLDNER ALS TEIL DER ARMEE
Die Wagner Söldner hätten während ihrer Meuterei «nichts falsch gemacht»: «Sie haben niemanden verletzt, sie haben nichts kaputt gemacht. Weder die Bürger von Rostow, noch das Militärpersonal des südlichen Militärbezirks oder die Strafverfolgungsbehörden haben die geringste Beschwerde gegen sie.» Diese Aussagen machte Andrej Kartapolow von Putins Partei «Einiges Russland». Diese Aussagen sind angesichts der abgeschossenen Fluggeräte der russischen Armee falsch, aber sie sind brisant, denn Kartapolow ist der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses der Staatsduma – des sogenannten Parlaments Russlands. Der hohe Politiker ist der Meinung, dass die Wagner-Söldner ein eigenständiger Teil der russischen Streitkräfte werden sollen. Würde man die Söldner-Firma Wagner PMC verbieten, wäre das nur zum Vorteil der NATO, sagt Kartapolow. https://www.vedomosti.ru/politics/articles/2023/06/25/982216-kartapolov-zakon-reguliroval-deyatelnost-chvk