Ukraine Aktuell Nr. 423 (22.4.23/22Uhr)

PUTINS VERLORENE SOLDATEN

Das russische Oppositionsmagazin «The Insider» unterhielt sich mit mehreren russischen Soldaten und deren Angehörigen. Der Artikel enthält viele Aussagen im Originalton, wie diese: «Wir gruben Gräben mit Löffeln und suchten nach Möglichkeiten, uns zu verstecken.»

Die Soldaten und ihre Familien beschweren sich über unzureichende Ausbildung, minderwertige Uniformen und inkompetente Kommandanten. Wie mobilisierte Männer unvorbereitet und unversorgt an die Front geschickt wurden ist hier zu lesen https://theins.ru/en/politics/261199 (englische Version).

STUDENTEN MOBILISIERT

Studenten an drei Moskauer Universitäten berichteten, dass sie Mobilisierungsbefehle erhalten, obwohl sie gesetzlich von der Wehrpflicht befreit sind. Laut mehreren russischen Telegram-Kanälen wurden Studenten der Moskauer Staatsuniversität, der Russischen Staatsuniversität AN Kosygin und der Nationalen Universität für Wissenschaft und Technologie MISiS Schreiben in ihren Wohnheimen ausgehändigt.

Gemäss dem Kanal ASTRA erhielt ein Student der Staatlichen Universität Moskau die Aufforderung zum Militärregistrierungs- und Einberufungsamt zu gehen, «um an Militärdienstveranstaltungen teilzunehmen».

Der Telegrammkanal «Erste Universität» berichtet, dass Studenten des 2. bis 4. Studienjahres im Wohnheim Kommandanten vorfanden, die mit Vorladungen zur Armee auf sie warteten.

Der Militäranalyst «Chris O» schreibt, dass es sich dabei möglicherweise nicht um Mobilisierungsbefehle, sondern um eine «Datenerhebung» handle. https://twitter.com/ChrisO_wiki/status/1649806849657454593

PRIGOSCHINS PROGNOSE

In einem Telegram-Post schreibt Jewgeni Prigoschin, der Chef der Wagner Söldner, dass die aktuellen Entscheide der sogenannten «Ramstein»-Konferenz für Russland nicht gut seien. (Bei der Konferenz haben diese Wochen die westlichen Verteidiger der Ukraine umfassende Waffenlieferungen angekündigt.)

Ausserdem sagte Prigoschin den Beginn der ukrainischen Offensive für in zehn Tagen voraus. Aktuell sei diese wegen der «Rasputiza» nicht möglich. https://twitter.com/wartranslated/status/1649521561274048512

Mit «Rasputiza» («Wegelosigkeit») wird die meteorologische Periode bezeichnet, in welcher der gefrorene Boden auftaut und sich in Schlamm verwandet, in dem sich schwere Geräte wie Autos oder Panzer nicht bewegen können.

KAMPF UM DREI KLEIN-STÄDTE

Der ukrainische Generalstab meldet am Abend: «Der Feind konzentriert seine Hauptanstrengungen auf die Durchführung von Offensivoperationen in den Richtungen Bakhmut, Avdiivka und Maryinka. In diesen Gebieten wurden etwa 40 feindliche Angriffe abgewehrt. Die heftigsten Kämpfe gehen um Bakhmut und Maryinka weiter.»

Zu den eigenen Aktivitäten meldet die ukrainische Armee: «Im Laufe des vergangenen Tages hat die Luftwaffe der Streitkräfte 8 Angriffe auf die Gebiete durchgeführt, in denen sich das Personal und die militärische Ausrüstung der Besatzer konzentrieren, und die Raketen- und Artillerieeinheiten haben 3 Gebiete getroffen, in denen sich Arbeitskräfte und ein Munitionsdepot befinden.»

Unter anderem wurde auch ein Mi-24 Helikopter und vier Drohnen abgeschossen. https://www.facebook.com/GeneralStaff.ua

Der Militäranalyst Andrew Perpetura schreibt, dass sich die Russen bei Bakhmut aktuell «zurückhalten», Dies hätten ihm mehrere Quellen bestätigt. Perpetura vermutet, dass die russische Armee einen Grossangriff vorbereite und so die Kleinstadt in einem bis drei Tagen erobern möchte.

Perpetura zeigt in Detailkarten auf, um welche Strassen in Bakhmut gekämpft wird. https://twitter.com/AndrewPerp…/status/1649578305723441153

EIGENE STADT BOMBARDIERT

Vor zwei Tagen kam es in der russischen Stadt Belgorod zu einer Explosion, welche ein grosses Loch im Zentrum hinterliess und als deren Folge die Stadtregierung den «Ausnahmezustand» ausrief. (Siehe Ukraine Aktuell Nr. 421 vom 20.4.23/22Uhr).

Wie sich nun herausstellt, waren zwei russische Bomben auf die Stadt gefallen. Eine explodierte, die andere nicht. Die Plattform «Ukraine Reporter» zeigt ein Foto einer nicht explodierten Bombe in einem Graben, welche von zwei Soldaten freigelegt wird – Foto im Newsletter – und schreibt dazu:

«Die russischen Behörden versuchten, das Vorhandensein einer zweiten Bombe in Belgorod zu vertuschen, leugneten zunächst ihre Existenz und verzögerten die Evakuierung von etwa 3000 Menschen bis zum nächsten Tag. https://twitter.com/StateOfUkr…/status/1649824733595140096

RUSSISCHE BOTSCHAFT SAUER

In einem Twitter-Post https://twitter.com/mfa_russia/status/1649709558514819074 schreibt die russische Botschaft in Bern: «Die Schweizer Medien füttern das Publikum immer wieder mit offen gefälschten Veröffentlichungen über Russland. Wir hoffen, dass sich der gesunde Menschenverstand irgendwann durchsetzt und dass Schweizer Journalisten zur Realität aufwachen, Fakten respektieren und die russophobe Mentalität aufgeben.»

Garniert wird der Tweet mit einer Fotomontage von Blick-Storys über die «geschwächte russische Wirtschaft» und «Alkoholprobleme in der russischen Armee». Dies seien «Fake-Storys» empören sich Putins Vertreter.

Im Telegram-Kanal der Botschaften heisst es: «Bedauerlicherweise träumen die Schweizer Medien weiterhin ihre russophoben Träume.» Zum Blick: «Die deutschsprachige Zeitung «Blick» behielt ihre Spitzenposition im Anti-Russland-Ranking.» https://t.me/MFARussia/15622

Zuvor hatte die russische Botschaft dem NZZ-Journalisten in Wien mit rechtlichen Konsequenzen für seine Berichte gedroht.

RUSSLAND RAUBT STAHLFABRIK AUS

Die Eisen- und Stahlfabrik Iljitsch in Mariupol wird nicht in Betrieb genommen, sondern dient als «Ersatzlager» für russische Fabriken. «Da Russland derzeit mit Sanktionen belegt ist, müssen wir die Ersatzteile für die Ausrüstung von irgendwoher beziehen. Das Eisen- und Stahlwerk Iljitsch wird als ‹Spender› fungieren». Das schreibt Petro Andriuschtschenko, ein Berater des im Untergrund lebenden Bürgermeisters von Mariupol.

Ein Teil der vorhandenen Maschinen werde ausserdem zu Schrott zerlegt.

In der Fabrik Illitsch arbeiteten vor dem russischen Überfall ein Fünftel der Bewohner von Mariupol. https://suspilne.media/453564-obladnanna-ake-zalisilos…/

GERICHT SCHÜTZT UKRAINERIN

Bogdana Dubnitskaya, Studentin im dritten Jahr an der Technischen Hochschule Südjakutien, wurde wegen «Diskreditierung der russischen Armee» angeklagt.

Sie hatte sich geweigert, an «patriotischen» Veranstaltungen an der Hochschule teilzunehmen, bei denen die Studenten gezwungen wurden, die russische Nationalhymne zu singen. Dubnitskaya begründete ihre Weigerung damit, dass sie Ukrainerin sei und die russische Hymne «aus politischen Gründen» nicht lernen wolle.

Das russische Gericht sprach die Beschuldigte frei. Begründet wurde dies mit Artikel 29 der russischen Verfassung, welche die Gedanken- und Redefreiheit garantiert. https://doxa.team/…/2023-04-22-sud-prekratil-delo-o…

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