Die im Dienst des Kremls arbeitende Firma «Wagner PMC» intensiviert die Rekrutierung von Söldnern in russischen Zuchthäusern und Straflagern.
Am Mittwoch erschien in den sozialen Netzwerken ein Video, wie der Chef der Söldner-Firma «Wagner» zu einer Gruppe Verbrecher spricht, die in einem russischen Lager eingesperrt sind und die er vom Söldnerdienst in der Ukraine überzeugen will. https://t.me/dvish_alive_eng/9224
Wer hinter der Veröffentlichung steht, ist unklar. Spekulationen nennen den russischen Geheimdienst aber auch Unterstützer des in einem russischen Straflager darbenden Alexej Nawalny.
GANGSTER AUS LENINGRAD
Chef der Wagner-Söldner-Firma ist Jewgeni Prigoschin. Er ist auch als «Koch Putins» bekannt, weil er im Kreml ein Restaurant betreibt und für die Versorgung der russischen Truppen mit Proviant zuständig ist. Dabei werden zum Teil Konservenbüchsen mit Verfalldatum des Jahre 2004 verteilt.
Prigoschin und Putin kennen sich seit ihrengemeinsamen Gangstertagen im ehemaligen Leningrad, heute St.Petersburg. (Mehr zu Jewgeni Prigoschin im Artikel vom 18.7.22: https://aldrovandi.net/2022/07/18/ukraine-storys-milliardenkorruption-bei-putins-chefkoch/
BEGNADIGUNG ODER HINRICHTUNG
In dem Video sagt Prigoschin den Insassen einer Strafkolonie, sie könnten sich Wagner anschließen und ihre Freiheit verdienen, indem sie in der Ukraine kämpfen – oder erschossen werden, wenn sie versuchen, sich zurückzuziehen:
«In einem halben Jahr werdet ihr nach Hause gehen, nachdem ihr eine Begnadigung erhalten habt … Diejenigen, die ankommen und am ersten Tag sagen: ‹Ich bin am falschen Ort›, werden als Deserteure markiert, und es folgt die Hinrichtung durch Erschiessen», wurde den Häftlingen gesagt.
Mehr Zitate aus seiner 5:32 Minuten dauernden Ansprache hat der Blick publiziert: https://www.blick.ch/ausland/wagner-chef-rekrutiert-soldaten-im-knast-er-lockt-mit-amnestie-und-droht-zugleich-wer-desertiert-wird-erschossen-id17879580.html
Dass die Söldner-Firma Wagner Kriminelle aus russischen Lagern rekrutiert, ist seit Anfang Juli bekannt. Siehe Ukraine Story: «Wie Russland Söldner rekrutiert»; https://aldrovandi.net/2022/07/08/ukraine-storys-wie-russland-soeldner-rekrutiert/ )
«FREUNDLICHES KOLLEKTIV»
Die Journalistin Allison Quinn berichtet auf der US-Plattform «The Daily Beast» über einen skurrilen Radioauftritt:
«Prigoschin selbst brach am späten Donnerstag sein Schweigen, als er von Radio Komsomolskaja Prawda gebeten wurde, seine «Expertenmeinung» zu Wagners Rolle im Krieg abzugeben.
(Bemerkenswert ist, dass der Radiosender ihn nicht bat, Berichte zu bestätigen oder zu dementieren, wonach Wagner Häftlinge in den Krieg schickte, oder über seine eigene Rolle in der Söldnergruppe).
Er bezeichnete die Wagner-Gruppe als «Patrioten, die die Schande ihres Heimatlandes nicht zulassen können» und als «Profis höchsten Ranges», berichtete der Kommersant.
«Wenn ich ein Häftling wäre, würde ich zweifellos davon träumen, mich einem solchen freundlichen Kollektiv anzuschließen, um die Möglichkeit zu haben, meine Schuld gegenüber dem Vaterland nicht nur zu begleichen, sondern sie mit Zinsen zurückzuzahlen», wurde er zitiert.» https://www.thedailybeast.com/is-putins-chef-yevgeny-prigozhin-also-now-in-charge-of-putins-war?
PRIGOSCHIN IST PUTINS MANN
Prigoschin wird immer wichtiger für Putins Krieg gegen die Ukraine. Das amerikanische «Institut for the study of war» schreibt am Mittwoch:
«Der Finanzier der Wagner-Gruppe, Jewgeni Prigoschin, wird als Gesicht der russischen «militärischen Sonderoperation» in der Ukraine aufgebaut.
Ein russischer Militär-Blogger merkte an, dass Prigoschin eine «stalinistische» Methode einführt, die es dem Kreml ermöglicht, eine allgemeine Mobilisierung zu vermeiden, die soziale Spannungen in der russischen Gesellschaft auslösen könnte.
Militärblogger haben Prigoschins Erfolg in der Ukraine durchweg gelobt.
Einige sprachen sich sogar dafür aus, dass er den russischen Verteidigungsminister Sergej Schoigu ersetzen sollte, den Milblogger und Kreml-Experten für die russische Niederlage im Gebiet Charkiw verantwortlich machen.» https://understandingwar.org/backgrounder/russian-offensive-campaign-assessment-september-14
MÖRDER, VERGEWALTIGER, KANIBALE
Bei der Wahl der Söldner ist Prigoschin und seine Firma unzimperlich.
Die Leiterin der russischen Menschenrechtsstiftung «Rus Sidyashaya», Olga Romanova, wird auf der ukrainischen Plattform Unianet so zitiert:
«Sie nehmen alle Arten von Gefangenen, bevorzugen aber, wie Prigoschin bereits sagte, Mörder und diejenigen, die Raub und Plünderung begangen haben. Sie nehmen auch diejenigen gut auf, die wegen schwerer Körperverletzung inhaftiert wurden.
Und jetzt haben sie angefangen, Leute aufzunehmen, die wegen Vergewaltigung verurteilt wurden, aber sie sind in einer separaten Abteilung. Wir kennen zwei Geschichten aus der Saratower Zone, eine ganz besondere.
Sie haben einen Irren von dort geholt, der sozusagen Kannibalismus in seinem Portfolio hatte. Er ist auch in den Krieg gezogen», berichtet sie. https://www.unian.net/war/osnovatel-vagnera-zaverboval-na-voynu-protiv-ukrainy-manyaka-kannibala-11980581.html
Wie viele hunderte oder tausende Neo-Söldner von «Wagner PMC» in den russischen Zuchthäusern rekrutiert wurden, ist nicht bekannt.