UKRAINE STORYS: Wie russische Mütter ihre Söhne verheizen

In Russland denunzieren Mütter ihre Söhne bei den Armee-Einberufungsbehörden und hoffen im Falle des Todes auf eine wiederkehrende Pension. Russische oppositionelle Medien beschreiben zwei Fälle und ein russischer Blogger erklärt, warum der Verrat den Krieg verlängert.

CHRISTIAN K., 26 JAHRE ALT

Christian K. lebte mit seiner Mutter Elena in Moskau in einer gemeinsamen Wohnung, war Student an der Russischen Akademie für Volkswirtschaft und öffentliche Verwaltung und versuchte, sein eigenes Unternehmen für Informationssicherheit zu gründen.

Aber irgendetwas lief nicht gut, und im Januar 2022 stellte Christian das Geschäft ein und hörte auf, Unternehmer zu sein. Das Scheitern im Beruf führte zu Konflikten mit seiner Mutter und sie stritten sich immer öfters.

Eigentlich wollte Christian 27 Jahre alt werden, denn ab diesem Alter können junge Männer in Russland nicht mehr zur Armee eingezogen werden.

Doch drei Monate vor seinem 27. Geburtstag dem Innenministerium einen Brief. Ihr Sohn habe nicht in der Armee gedient und seine Schuld gegenüber dem Mutterland nicht erfüllt. Über den Fall Christian K. schrieb der Telegram Kanal «Vorsicht, Moskau»; https://t.me/ostorozhno_moskva/991

KIRILL, 22 JAHRE ALT

Kirill lebte mit seiner Mutter in Odintsovo, in der Nähe von Moskau. Er begeisterte sich für das Computerspiel «Counter-Strike», wofür er spezielle Geräte kaufte. Da er ein talentierter Spieler war, verdiente er seinen Lebensunterhalt mit diesem Onlinegame.

Seine Mutter fand das nicht seriös und beschloss, dass es für den Jungen an der Zeit war, erwachsen zu werden, und zeigte ihn bei der Polizei an.

Dies geschah Ende Mai, also drei Monate nach Beginn des russischen Überfalls auf die Ukraine.

Die Mutter teilte der Polizei mit, dass ihr Sohn sich dem Militärdienst entziehe, und bat sie, geeignete Massnahmen zu ergreifen. Über den Fall Kirill schrieben die Onlinepublikation www.gazetta.ru und https://www.mk.ru/

WAS MÜTTER VOM VERRAT HABEN

Kamil Galeev / @kamilkazani schrieb zu diesen beiden Fällen, deren aktuellen Schicksale nicht bekannt sind: «Diese Geschichten machen absolut Sinn. Nicht wenige Eltern aus der Welt sehen ihre Kinder als finanzielle Ressource. Das ist völlig normal. Manche verkaufen sie in die Prostitution, andere – als Kanonenfutter.

Im modernen Russland kann es eine gute Investition sein, seinen Sohn zur Armee zu schicken.

Diese Geschichten haben nichts Unmenschliches an sich. Eltern, die ihre Kinder an Männer verkaufen, sind ganz und gar menschlich, genau wie diese Mütter. Sie sehen ihre Kinder einfach als Ressource und investieren sie klug.

Sobald sich das System der Anreize ändert, wird sich auch ihr Verhalten sofort ändern.

ENTSCHÄDIGUNGEN SORGEN FÜR RUHE

Wenn es nach mir ginge, sollten die Eltern toter Soldaten nach dem Krieg keine finanzielle Entschädigung erhalten. Ich würde sogar sagen, dass es die Auszahlungen von Putin sind, die die seltsame Gleichgültigkeit der Familien gegenüber dem andauernden Krieg erklären. Wer wird sich beschweren, wenn sich Investitionen üppig auszahlen?

Die einzige Möglichkeit, das System der Anreize zu ändern, besteht darin, dass all diese Familien einfach 100 % ihrer Investitionen verlieren, ohne irgendeine finanzielle Entschädigung zu erhalten. Das bedeutet, dass in Zukunft andere davon abgeschreckt werden, ihre Kinder als Kanonenfutter zu verkaufen, da sich das nicht lohnt.» https://twitter.com/kamilkazani/status/1548387005666471936

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