Keine «nationale Union» in Frankreich

Emmanuel Macron hat sich drei Tage nach seiner Wahlniederlage und dem Verlust der absoluten Mehrheit zum ersten Mal öffentlich geäussert.

Bevor er ab Donnerstag für sechs Tage bei der EU, der NATO, dem G7 Gipfel und einer Konferenz in Portugal engagiert ist, hat er der französischen Politik ein paar Denkaufgaben auf den Weg gegeben.

Am Mittwochabend, um 20 Uhr, zur besten Sendezeit und anstelle der Nachrichtensendungen der TV-Sender, meldete sich der französische Präsident live aus dem Regierungsgebäude, dem Elysée. Nach der Gratulation für die Gewählten und dem Bedauern der tiefen Wahlbeteiligung lautete seine erste zentrale Aussage: «Seit der Wahl vom Sonntag ist klar, keine Partei allein kann Gesetze verabschieden».

Ein alle Parteien umfassendes Parteienbündnis – eine «nationale Union» – schloss Macron aus. Die künftige Regierung müsse die bisherige klare Stossrichtung weiterverfolgen, für die er vom Volk gewählt worden sei.

Schon vor der Rede hatte die linksextreme Partei «France insoumis» einer solchen «Union» eine klare Absage erteilt: «Unsere Partei ist kein Kandidat für ein Gemauschel oder Beteiligung an einer Regierung mit dem Präsidenten der Republik». Das sagte die Nummer 2 von «France insoumis», der Abgeordnete Adrien Quatennens.

Macron sagte heute Abend, «es ist möglich, eine breitere und klarere Mehrheit zu finden.» Ohne es ausdrücklich zu erwähnen, gibt er damit die Aufgabe an die Parteien weiter, die sich nun überlegen müssen, ob sie Teil einer solchen «breiten Mehrheit» sein wollen.

Der Vorsitzende der konservativen Partei «Les Républicains», Christian Jacob, hat am Sonntag und auch heute wieder – eventuell voreilig – eine Koalition ausgeschlossen. Die Sozialdemokraten und die Grünen auf der anderen Seite des politischen Spektrums haben sich bisher nicht gemeldet. Auch von der rechtsextremen LePen Partei «RN» liegt kein Statement vor.

Macron schloss auch eine Regierbarkeit mit Gesetzeskoalitionen «cas par cas» / «von Fall zu Fall» nicht aus. Die nächsten und dringendsten Projekte seien die Gesetze zur «Kaufkraft», zur «Sicherheit» und zur «Vollbeschäftigung».

Aber genauso wie bei einer «breiten, klaren Mehrheit» brauche es auch hierfür viele «Dialoge, Kompromisse, kollektive Arbeit und Transparenz».

In der nächsten Zeit sei eine «Klärung des Anteils an Verantwortung und Zusammenarbeit, den die Kräfte im Parlament bereit sind zu übernehmen» notwendig.

Die Zusammensetzung der Regierung und der Namen der Regierungschefin ändert möglicherweise als Ergebnis dieser Diskussionen. Für den Moment bleibt Elisabeth Borne Ministerpräsidentin und damit Chefin der Regierung im Tagesgeschäft.

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