NEUE MUTMASSLICHE KRIEGSVERBRECHEN
Am Rand einer Strasse, 20 Kilometer ausserhalb von Kiew, fanden ukrainische Truppen eine Gruppe nackter Frauenleichen. Die Körper lagen unter einer Plastikplane und waren von Autopneus umringt. Der ukrainische Verteidigungsrat, schreibt zum Foto: «Unter der Decke liegen 4-5 tote nackte Frauen, die die russischen Barbaren versucht haben, direkt am Straßenrand zu verbrennen».
Das ukrainische Verteidigungsministerium veröffentlichte Videos und Fotos aus Bucha. Dort haben Russen offensichtlich mehrere Menschen hingerichtet. Ihre Leichen wurden, teilweise mit verbundenen Händen, in Hinterhöfen, auf offener Strasse oder halb zugedeckt in Sandgruben gefunden.
Zudem wurden aus Irpin und Gostomel grossflächige Zerstörungen an zivilen und industriellen Gebäuden dokumentiert. Aus diesen drei Städten waren die russischen Truppen vor zwei Tagen nach einer einmonatigen Besetzung vertrieben worden.
Am Samstag hatte Carla Del Ponte gegenüber der Westschweizer Zeitung Le Temps gesagt «Putin ist ein Kriegsverbrecher» und einen internationalen Haftbefehl gefordert. Del Ponte hatte als Chefanklägerin die UNO-Tribunale gegen Yugoslawien und Ruanda geleitet.
UKRAINE SAGT, CHEF-TREFFEN IST MÖGLICH
Die Präsidenten der Ukraine und Russlands, Wolodymyr Zelensky und Putin, werden sich «mit hoher Wahrscheinlichkeit» treffen. Das sagte der Leiter der ukrainischen Delegation bei den Gesprächen, David Arakhamia, am Samstag im ukrainischen Fernsehen. Das schrieb die russische Nachrichtenagentur Interfax am Samstagabend.
Nach Arakhamia Aussagen habe der türkische Präsident Erdoğan «gestern sowohl uns als auch Wladimir Putin angerufen, und er schien seinerseits zu bestätigen, dass sie bereit sind, in naher Zukunft ein Treffen zu organisieren.»
Zurzeit sei aber «weder das Datum noch der Ort bekannt, aber wir glauben, dass der Ort mit hoher Wahrscheinlichkeit Istanbul oder Ankara sein wird».
Am Abend meldete sich auch der Kreml-Sprecher Dmitri Peskow in einem Interview mit dem weissrussischen Staats-Fernsehen. Die bisherigen Gespräche seien nicht einfach gewesen, aber wichtig sei, dass sie fortgesetzt würden, sagte Peskow.
PUTIN HAT DEN 9.MAI IM AUG
EAm 9. Mai wird in Russland seit 1945 jedes Jahr das Ende des zweiten Weltkriegs und den «Sieg über den Faschismus» gefeiert. Nach Erkenntnissen des amerikanischen Geheimdienstes will Putin bis zum 9. Mai dieses Jahr einen militärischen Sieg erringen.
Er konzentriere sich dabei auf das Donezkbecken und den Osten der Ukraine. Der US-Geheimdienst habe entsprechende Meldungen des Kremls abgefangen. Die Erkenntnisse der namentlich nicht genannten US-Beamten zitiert CNN.
RUSSISCHE ANGRIFFS-INTENSITÄT NIMMT AB
Kurz vor Mitternacht schrieb der ukrainische Generalstab: «Der russische Feind führt weiterhin systematische Raketen- und Luftangriffe auf militärische und zivile Ziele durch, aber die Intensität der Raketen- und Präzisionswaffenangriffe hat nachgelassen.» Die Invasoren-Armee sei im Norden auf dem Rückzug und versuche das vorhandene Material mit Zügen nach Russland zu bringen.
Neu plane Russland sogenannte «Freiwilligen-Bataillone» mit Bürgern der von ihnen besetzten Gebieten im Donezbecken und aus Söldnern aufzustellen. Die Angriffe auf ukrainische Stellungen im Donezbecken halten an.
WIRTSCHAFTS-DRUCK SOLL ERHÖHT WERDEN
Boris Johnson und Wolodymyr Zelinskyj telefonierten am Abend und waren sich einig, dass der Druck auf Russland erhöht werden müsse. «Der wirtschaftlichen Druck auf Putins Kriegsmaschinerie ist zu erhöhen, solange russische Truppen auf ukrainischem Gebiet bleiben».
Johnson informierte den ukrainischen Präsidenten auch über die Geberkonferenz von 35 Ländern, die England einberufen hatte. Man sei sich einig, dass die militärische Hilfe verstärkt werden müsse.
Zelinskyj bedankt sich öffentlich in einem Twittereintrag: «Das Vereinigte Königreich ist unser mächtiger Verbündeter. Wir freuen uns auf die Geberkonferenz.»
RUSSLAND BESCHULDIGT ROTES KREUZ
Weder am Freitag noch am Samstag hätten organisierte Evakuierungsmassnahmen aus Mariupol stattfinden können. Verantwortlich dafür seien «destruktive Massnahmen» des Internationalen Roten Kreuzes (IKRK). Dies schrieb die staatliche russische Nachrichtenagentur Interfax mit Berufung auf das Verteidigungsministerium.
Die Konvois des IKRK seien zu spät aufgebrochen und hätte Mariupol nicht rechtzeitig erreichen können, sagte die Behörde: «Das IKRK hat gezeigt, dass es nicht in der Lage ist, bei der Vorbereitung der Evakuierung von Zivilisten aus der Stadt zu helfen.».
Das IKRK bezog bisher keine Stellung.
UNBEKANNTE ZAHL NEUE FLÜCHTLINGE
Nach Angaben der ukrainischen Regierung konnten 765 Zivilisten mit eigenen Fahrzeugen die Hafenstadt Mariupol verlassen. Fast 500 Zivilisten seien aus der Stadt Berdjansk geflohen. Diese Menschen seien im ukrainischen Saporischschja angekommen, schrieb die ukrainischen Vize-Regierungschefin Irina Wereschtschuk.
Auch aus Städten wie Sjewjerodonezk und Lyssytschansk im Luhansker Gebiet im Osten des Landes seien am Samstag Menschen gerettet worden. «Wir arbeiten weiter», schrieb die Vize-Regierungschefin.
FOTOS:
Menschliche Körper unter einer Plastikplane, ausserhalb von Kiew. (Bildquelle: Ukrainischer Generalstab)
Gefesselte und erschossene Menschen in Bucha (Bildquelle: Thomas van Linge/@ThomasVLinge)